Moers. In Moers-Kohlenhuck wird vermehrt Müll illegal in der Natur entsorgt. Neuester Fund: hunderte Reifen. Die Anwohner sind empört - aber machtlos.

Sonnenstrahlen glitzern auf dem See. Vögel zwitschern aus dem Geäst, das der Frühling langsam ergrünen lässt. Auf den ersten Blick gibt es nur zwei Anzeichen auf menschliches Leben auf dem Weg nach Kohlenhuck: Das eine ist ein Schild, das den Weg zu einer örtlichen Weinbergschneckenzucht weist. Das andere: etwa einhundert alte Reifen, die am Wegesrand deponiert wurden. „Hier könnte es so idyllisch sein“, sind sich die Einwohner des bäuerlich geprägten Ortsteils von Moers einig. Wenn da nur nicht der wilde Müll wäre.

„Sowas findet hier jede Nacht statt“, berichtet einer der Anwohner, der seit mehr als zehn Jahren in Kohlenhuck wohnt. Mindestens genau so lange werde dort „mit einer Dreistigkeit, die ihres Gleichen sucht“ regelmäßig Müll in der Natur entladen. Dabei ist die Durchfahrt eigentlich nur für Radfahrer und Anlieger frei. Doch das hält viele Menschen offenbar nicht ab. Anwohner berichten von mutmaßlich gestohlenen Fahrrädern, Fensterscheiben sowie gesamten Wohnungseinrichtungen.

Auch gelbe Säcke werden häufig auf die Straße geworfen. Das lockt Tiere wie Raben, Füchse oder Ratten an, die den Müll nur noch weiter verteilen. „Wir haben die Nase voll“ lautet der Tenor der Kohlenhucker. Eine Frau Mitte 70 greife etwa seit mehr als 30 Jahren selbst zur Mülltüte, um gegen das Problem anzugehen: „Anders halte ich das nicht aus.“

Abfallkümmerer rückt jede Woche zwei Mal nach Moers-Kohlenhuck aus

Der Hotspot im Moerser Norden ist Denis Zierdt bestens bekannt. Der Abfallkümmerer der Enni hat bemerkt, dass im Bereich Pattberg/Kohlenhuck in den letzten Monaten vermehrt große Mengen Müll entsorgt wurden. Im März sei er in Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsamt jede Woche mindestens zwei Mal dahin ausgerückt. Der Grund: „Das Gebiet ist sehr weitläufig. Nachts ist es dort sehr dunkel und wenig frequentiert. Dazu kommt die gute Anbindung an zwei Autobahnen.“

Besonders frustrierend für die Anwohner ist, dass sie im Kampf gegen den Müll machtlos sind. Von direkter Konfrontation wird abgeraten. Auch Warnschilder vor Videoüberwachung, um Müllsünder abzuschrecken, seien laut Ulrich Kempken, Abteilungsleiter Entsorgung bei der Enni, nicht effektiv: „Solche Schilder haben wir an allen Altglascontainern, aber das interessiert leider niemanden. Für manche bilden sie sogar ein Anreiz, dort erst Recht Abfall zu hinterlassen.“ Für ihn liegt die Ursache dieses gesellschaftlichen Problems in dem „Irrglauben“, dass die Müllentsorgung in Moers „exorbitant teuer“ wäre.

Anwohner können der Enni Standort und Fotos von wildem Müll in Moers schicken

Bürgern bleibt nur die Möglichkeit, wilden Müll, den sie entdeckt haben, bei der Enni zu melden. Dies geht entweder telefonisch unter 0800 2221040 oder bevorzugt über enni.de oder die App „Niederrhein Apptuell“. Darüber lassen sich sogar Fotos und der GPS-Standort des Mülls übermitteln. Innerhalb von 48 Stunden soll der Müll im öffentlichen Raum entfernt werden. Auf privatem Raum informiere die Enni den Eigentümer innerhalb dieser Zeit, auch um Hilfe anzubieten.

Der Ort, an dem die LKW-Ladung alter Reifen deponiert wurde, fällt etwa in die Zuständigkeit des Kreises Wesel. Ein Großteil wurde schon abtransportiert, der Rest soll bald folgen. Dann hoffen die Anwohner, dass Kohlenhuck endlich mal länger frei von wildem Müll bleibt.

Hohe Geldbußen: Wilder Müll lohnt sich nicht

Laut Bußgeldkatalog NRW starten Geldstrafen für die illegale Entsorgung von kleinen Hausmüllgegenständen wie Zigarettenkippen oder Kaffeebechern bei 100 Euro. Sie reichen bis zu 50.000 Euro bei großen Mengen umweltschädlicher Stoffe. Dazu ist eine Freiheitsstrafe möglich.

Beim Kreislaufwirtschaftshof am Jostenhof, der bis 2022 für acht Millionen Euro ausgebaut werden soll, können nach Terminabsprache unter anderem Altpapier, Elektrogeräte, Metallschrott, Grünschnitt oder Schadstoffe kostenlos abgegeben werden.