Neukirchen-Vluyn/Moers. Die Zahl der Amphibien ist stark rückläufig. Deshalb müssen sie besonders geschützt werden. In Neukirchen-Vluyn ist ab März eine Straße gesperrt.
Derzeit ist auf so mancher Straße in der Region derzeit ganz schön was los: Frühlingserwachen bei den Kröten. Die Wanderung der Amphibien hat begonnen. Tausende der liebestollen Tiere machen sich jetzt in den ersten wärmeren Nächten auf den Weg von den Winterquartieren im Wald zu den Laichgewässern.
In Zusammenarbeit mit den Kommunen sorgen die Aktiven des Naturschutzbundes (Nabu) dafür, dass die unbeholfenen Hüpfer dabei nicht unter die Autoräder kommen. Auch in den Rathäusern weiß man, dass die Zahl der Amphibien stark rückläufig ist und dass die Tiere Schutz brauchen. So sperrt beispielsweise die Stadt Neukirchen-Vluyn ab Anfang März die Straße „Alte Mühle“ in der Dong, wie Pressesprecherin Sabrina Daubenspeck mitteilt.
Auf 380 Metern Länge wird die Durchfahrt bis gegen Ende April für die Tiere täglich von abends 18 Uhr bis morgens um 7 gesperrt sein. „Noch vor ein paar Jahrzehnten wurden Hunderttausende von Kröten, Fröschen oder Molchen bei ihrer jährlichen Wanderung in Deutschland überfahren“, weiß Harald Fielenbach, Vorsitzender der Nabu-Gruppe Moers/Neukirchen-Vluyn. Gerade beim Überqueren von Straßen blieben die Männchen gerne eine Zeit lang sitzen, um auf ein vorbeikommendes Weibchen zu warten. Dann gehe es im Huckepack – Männlein ganz bequem oben, Weiblein unten – auf zum Wasser.
Dass ein Straßenstück gesperrt werden kann, kommt den Naturschützern sehr entgegen. Andernorts geht das nicht, da müssen Zäune aufgestellt werden. „Die Zäune sind mit Eimern ausgestattet, in die die Amphibien hineinfallen. Jeden Morgen müssen die Zäune daher kontrolliert und die Tiere in den Eimern über die Straße gebracht werden“, erklärt Fielenbach. „Das alles ist sehr arbeitsintensiv für uns. Dieses Jahr haben wir wegen Corona und auch, weil die Gaststätte Samannshof geschlossen ist, keinen Zaun am Littardweg errichtet“, erläutert er weiter.
An anderer Stelle müssen Zäune errichtet werden
Augenblicklich herrsche wenig nächtlicher Autoverkehr am Littardweg, der die Ortsgrenze zwischen Neukirchen-Vluyn und Rheurdt bildet. Zäune mussten jedoch auch wieder am Schwafheimer Meer in Moers errichtet werden. „Sie stehen seit ein paar Tagen“, sagt Fielenbach. Auch verschiedene Frosch- und Molcharten seien unter den Wanderern.
„Durch den Klimawandel geht das immer früher im Jahr los. Einst sei der Start für die Amphibien erst im März-April gewesen.“ Selbst die Kraniche zögen bereits in diesen Tagen in die Brutquartiere Richtung Norden. Immer mehr Hilfe brauche die Natur heute, weiß Fielenbach. Das beschränke sich längst nicht nur auf die Amphibien. Wichtiger Baustein seien der Biotopschutz und die Ausweisung von Schutzgebieten. „Der Nabu pflegt und erhält beispielsweise am Schwafheimer Meer den wichtigen Schilfgürtel.“
Die Versiegelung von Flächen ist ein Problem
Verzicht auf Spritz- und Düngemittel seien vonnöten, wenngleich das Thema auch stark konfliktbeladen sei. Schädlich seien zudem die Versiegelung von Flächen und das Fällen von innerörtlichen Bäumen, die für ein gutes Kleinklima wichtig seien. Vögel sollten mangels natürlichem Futterangebot ganzjährig gefüttert werden. Privatleute, aber auch Kirchengemeinden oder Landwirte könnten viel durch das Aufhängen von Brutkästen unter Dächern, in Türmen oder Scheunen für Eulen, Käuze oder Fledermäuse tun. Hilfreich seien auch Gartenteiche, in denen sich stets sehr schnell Frösche ansiedelten. „Sie ziehen nebenbei auch Fledermäuse an.“
In der Region gibt es vor allem Erd- und Kreuzkröten. Daneben kommen Teich-, Berg- und Kamm-Molche vor. Wasser-, Teich-, See- und Grasfrösche gehören ebenfalls zur Fauna am Niederrhein. Alleine am Littardweg in Neukirchen-Vluyn sind in den letzten zehn Jahren etwa 3300 Erdkröten, 300 Grasfrösche und bis zu 100 Berg- und Teichmolche von Ehrenamtlichen des Nabu über die Straße gebracht und damit gerettet worden.