Moers. In Moers-Holderberg machen die Geräusche der Autobahn den Menschen zu schaffen. Jetzt soll ausgebaut werden, der Wunsch nach Lärmschutz ist groß.
Wer den Moerser Stadtteil Holderberg als beschaulich beschreibt, liegt nicht verkehrt. Von der Holderberger Straße, die den Ort durchzieht, zweigen nur wenige andere Straßen ab, Einfamilienhäuser beherrschen das Bild. Ruhig ist es aber nicht überall in Holderberg, denn es gibt ja die Autobahn 57.
Seit 1971 wohnt Renate Steinkamp am Agnethenhof. Ein Jahr später wurde der Autobahnabschnitt von Moers-Kapellen bis nach Krefeld-Gartenstadt in Betrieb genommen, 1974 das Stück von Kapellen bis zum Kreuz Moers. Seit fast 40 Jahren also rollt der Verkehr über die A57 bei Holderberg, und nicht nur Renate Steinkamp hat mit dem Lärm zu kämpfen.
Auch im Sommer bleibt das Fenster nachts geschlossen
Rund 40 Holderberger bilden eine Initiative, die für besseren Lärmschutz kämpft.
„Nachts bei offenem Fenster zu schlafen, ist unmöglich“, sagte Renate Steinkamp. Vor allem der Westwind trägt die Geräusche der nahen Autobahn über die Felder bis nach Holderberg. Und Westwind gibt es oft. „Selbst im Hochsommer muss das Fenster geschlossen sein, damit wir nachts schlafen können“, sagt auch Jutta Kampen.
Es ist nicht so, dass die Holderberger nichts unternommen haben, um besserer Schutz gegen den Lärm zu bekommen. Proteste gab es bereits in der 1970er Jahren, geholfen hat das bisher nicht. Lärmschutzwände gibt es auf der westlichen Seite Richtung Kapellen und nördlich und südlich, aber eben nicht auf eben jenen 600 Metern entlang der A57 in Sichtweite der Menschen am Agnethenhof und den dahinter liegenden Straßen.
„Überall gibt es Lärmschutzwände, nur nicht auf diesen paar hundert Metern“, sagt Anwohnerin Sabine Hammermeister-Voßler. Manche Familien am Agnethenhof oder an der benachbarten Wilhelm-Anlahr-Straße leben schon in der dritten Generation mit dem Lärm von der Autobahn.
In den kommenden Jahren soll die A57 zwischen dem Kreuz Moers und Krefeld-Gartenstadt ausgebaut werden, drei Spuren auf jeder Seite. Das macht die Sache nicht besser, obwohl sich Birgit Ocklenburg zunächst Hoffnungen auf Lärmschutzwände gemacht hatte. Sie ist, wie alle anderen, vom ständigen Lärm genervt und hatte gedacht, mit dem Ausbau kommen die Lärmschutzwände.
Ein desillusionierender Informationsabend
Das war vor jenem Informationsabend 2019, an dem Mitarbeiter des Landesbetriebes Straßen.NRW die Planungen vorstellten. Ergebnis: Es wird wieder nichts mit dem ersehnten Lärmschutz. „Ich habe an dem Abend lange mit den Leuten gesprochen. Die haben immer wieder gesagt, dass die Grenzwerte eingehalten werden.“
Zurzeit läuft das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der A57 zwischen Krefeld-Gartenstadt und dem Kreuz Moers. Birgit Ocklenburg und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollen keine Zeit verlieren: „Wir machen einen Einwand beim Verfahren wegen der Lärmbelastung. Das Ziel ist es, die Lücke in der Lärmschutzwand zu schließen.“
Nicht nur die Gruppe ist dieser Meinung. Wie Ocklenburg berichtet, werden inzwischen am Bruchweg Unterschriften für besseren Lärmschutz gesammelt, über einhundert seien bereits zusammengekommen. Der Bruchweg liegt im Vergleich zur Straße Am Agnethenhof noch einmal mehrere hundert Meter von der A57 entfernt.
Wie die Zukunft auf der A57 aussehen könnte, hat die inzwischen zuständige Autobahn GmbH Anfang dieses Jahres mitgeteilt. In normalen Zeiten fahren rund 76.000 Fahrzeuge täglich über den Abschnitt zwischen dem Kreuz Moers und Krefeld-Gartenstadt. 2030, schätzen die Experten der Autobahn GmbH, werden es rund 80.000 Fahrzeuge sein.
Der neue Straßenbelag wirkt „lärmmindernd“
Es wird einen „lärmmindernden“ Straßenbelag geben, um die Lärmemissionen deutlich zu senken. Ein Trost ist das für die Holderberger nicht. „Was ist mit Feinstaub, der durch den Reifenabrieb über die Luft hierhin gelangt“, fragt einer aus der Gruppe. Ein anderer weist auf die lauten Motorräder hin, die an dieser Stelle offenbar besonders deutlich zu hören sind.
Und noch eine Entwicklung beunruhigt die Gruppe: Wenn nicht gerade Lockdown ist, gibt es morgens oft Stau Richtung Düsseldorf auf der A57. Stau bedeutet etwas weniger Lärm. Beim dreispurigen Ausbau, so die Befürchtung, gibt es weniger Stau, aber dafür auch zu dieser Tageszeit wieder mehr Lärm.
>>Info
Die Gruppe aus Holderberg hat ihr Engagement für mehr Lärmschutz entlang der Autobahn 57 mit vielen Informationen und Hintergründen ins Netz gestellt:
www.farbenallergie.de/a57
Die seit Januar dieses Jahres zuständige Autobahn GmbH wies am Donnerstag auf NRZ-Anfrage darauf hin, dass in diesem Bereich die Voraussetzungen für Lärmschutz nicht gegeben seien. Grenzwerte würden nicht überschritten.