Kreis Wesel. Kreistagsfraktionen sind sich einig: Ein zweites Impfzentrum ist erforderlich. Notfalls soll der Kreis Wesel in Vorleistung treten.

Zwei Wochen nach dem Start haben 3065 Menschen im Kreis Wesel Teil eins der Corona-Schutzimpfung erhalten. Ab Februar sollen die Über-80-Jährigen an die Reihe kommen. Unterdessen reißen die Forderungen nach einem zweiten Impfzentrum für den Kreis Wesel nicht ab. Dessen Befürworter sehen nun wachsende Chancen für einen Zusatzstandort auf der linken Rheinseite.

Wie Frank Berger (CDU) auf Anfrage berichtet, war ein zweites Impfzentrum Thema einer Runde der Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen und Landrat Ingo Brohl. Danach untersucht die Kreisverwaltung derzeit verschiedene Standorte im Linksrheinischen und spricht mit den Inhabern der in Frage kommenden Standorte. Man sei sich einig, so der CDU-Fraktionschef, dass neben der Niederrheinhalle in Wesel ein weiteres Zentrum im Kreis erforderlich sei. Je nachdem, wie lange der Schutz der aktuellen Stoffe anhalte, werde man möglicherweise in einigen Monaten erneut impfen müssen. Über alle Fraktionen hinweg sei man der Meinung, dass der Kreis notfalls finanziell in Vorleistung treten sollte: "Das ist gut investiertes Geld", sagt Berger.

Man kann nicht ein Zelt aufschlagen und dann mit dem Impfen loslegen

Gleichwohl warnt Berger vor übereilten Erwartungen: "Wir können nicht ein Zelt auf einem Parkplatz aufschlagen und dann mit dem Impfen loslegen." Die Logistik eines solchen Zentrums sei "überaus kompliziert", nicht zuletzt wegen der Komplexität des aktuellen Serums von Biontech-Pfizer. Zudem hänge die Realisierung von der Frage ab, ob und wann genügend Impfstoff zur Verfügung steht und ob ausreichend Personal vorhanden ist.

Die Politik im Kreis Wesel befindet sich damit übrigens in bester Gesellschaft. Nach Auskunft des Landkreistages NRW sehen zwölf Kreise konkreten Bedarf, einen zweiten Standort zu errichten; vereinzelt gebe es erste Planungen. Zum Teil behalten sich Kreise auch vor, je nach der weiteren Entwicklung zweite Standorte planen zu wollen.

Der Märkische Kreis etwa - mit 1060 Quadratkilometern Fläche so groß wie der Kreis Wesel - hatte schon im Dezember ein Impfzentrum mit zwei Standorten auf den Weg gebracht, was Landrat Marco Voge unter anderem damit begründet, dass kürzere Entfernungen die Impfbereitschaft erhöhen. Der eine Standort in Lüdenscheid ist arbeitsbereit, für den zweiten in Iserlohn hat der Kreis soeben den Mietvertrag unterschrieben. Ob und wann er in Betrieb geht, sagt Pressesprecher Hendrik Klein, sei offen. Auch dort gehe es um Personal und Impfstoffmenge. Und die Finanzierung. Denn diskutiert werde - wie in Wesel - die Übernahme der Kosten durch den Kreis, so Klein: "Wenn die Politik das will, kann sie es ja beschließen." 

Aus Sicht des Landkreistages ergeben sich insbesondere in den großen Flächen-Kreisen aufgrund der Ausdehnung und Topographie, der Einwohnerzahlen, des Straßennetzes und der ÖPNV-Rahmenbedingungen teilweise längere Fahrzeiten zum jeweiligen Impfzentrum. In diesen Kreisen bestehe Handlungsbedarf, teilt die Sprecherin des Landkreistages, Rosa Moya, mit: "Daher stehen wir im Gespräch mit dem Land, um auf diese Situation aufmerksam zu machen und für diese Kreise geeignete Lösungen zu finden."

Mehr als 10.000 Menschen über 80 erhalten in Kürze ein Impf-Angebot

Ein zweites Impfzentrum wird im Kreis Wesel so schnell noch nicht entstehen. Bis Ende Januar erhalten mehr als 10.000 Menschen ab 80 Jahren, die zu Hause in Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn leben, Post von ihren Kommunen. Enthalten ist nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) ein Anschreiben des NRW-Gesundheitsministers, in dem der Weg zu einem Impftermin ab Anfang Februar in Wesel erklärt werde. Das Datum müsse dann über die Telefonnummer 116117 vereinbart werden, kündigt KVNO-Sprecher Christopher Schneider an. 

Weiter ungeklärt ist, wie und wann Senioren geimpft werden, die immobil sind und zu Hause von Angehörigen oder Pflegediensten betreut werden. Dazu benötige man ein weniger kompliziertes Serum - allerdings ebenfalls in größerer Menge, wie Schneider erläutert. Die erste Charge eines solchen Impfstoffs von der Firma Moderna sei eingetroffen. Aktuell handele es sich um 13.000 Dosen für ganz Nordrhein-Westfalen. Weitere Lieferungen in dieser Woche seien angekündigt, versichert Schneider.