Kamp-Lintfort. Saxofonist Lars Wockenfuß ist mit seiner Musik ganz coronakonform unterwegs. Er hat ein Fahrrad zum Musiktaxi als mobile Bühne umgebaut.

Finanziell hätte 2020 eines der besten Jahre für Profimusiker Lars Wockenfuß werden können. Der Terminkalender des Kamp-Lintforter Saxofonisten war gespickt mit lukrativen Aufträgen. Bis im März das Coronavirus alles durcheinander wirbelte.

„Zuerst habe ich mich über die Auszeit gefreut, ich konnte endlich mal entschleunigen“, sagt der 52-Jährige. „Aber nach drei Wochen stellte sich die Depression ein. Als Musiker fragt man sich da schon, ob man jetzt womöglich bei Amazon Pakete packen muss.“

„Es gibt keinen schöneren Beruf“

Diese Frage beantwortete Lars Wockenfuß für sich trotz der erst mal düsteren Aussichten aber schnell und eindeutig: „Ich will Musik machen. Es gibt keinen schöneren Beruf, keinen, in dem man so viel Anerkennung und Empathie erfahren kann, unterwegs sein darf und Menschen kennenlernen kann.“ Die Frage war nur – wie übt man diesen Beruf aus, wenn das Scheinwerferlicht auf den Bühnen landauf landab dunkel bleibt?

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Der Plan: Mobil und coronakonform mit der eigenen Musik unterwegs sein. Der Musiker erinnerte sich an seine alte Projektidee, die „Mobile Cycling Band“, eine Band auf einem Fahrrad, und entwickelte daraus ein neues Konzept: Das Musiktaxi. Das Land NRW hatte wegen der andauernden Einschränkungen durch die Corona-Pandemie für freischaffende Künstler im Haupterwerb ein Stipendium für besondere Projekte ausgeschrieben. Wockenfuß bewarb sich – und bekam eines der Künstlerstipendien bewilligt.

Lars Wockenfuß ist nicht nur musikverrückt. sondern auch ein Fahrradnarr. Mit dem Musiktaxi verbindet er seine zwei Leidenschaften.
Lars Wockenfuß ist nicht nur musikverrückt. sondern auch ein Fahrradnarr. Mit dem Musiktaxi verbindet er seine zwei Leidenschaften. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Für sein Musiktaxi pimpte er das alte Fahrrad, ein Schweizer Modell, zur mobilen Bühne auf – samt Nebelmaschine, Soundsystem und Akkubeleuchtung. Alles komplett kabellos. Seine neue Bühne testete er zuerst in einer Fußgängerzone. „Es ist eingeschlagen wie eine Bombe“, erinnert sich Wockenfuß.

„Ilse and her Satchmos“

Das coronakonforme Musiktaxi beschert ihm und seinem Musikerkollegen Dennis Bongartz im Sommer schnell erste Aufträge – zum Beispiel für die Sparkasse oder die Stadtwerke auf der Landesgartenschau, die Werbegemeinschaft oder auch für den Straßenwahlkampf der SPD. „Es ist ein Sympathiebringer und geht überall“, sagt sein Erfinder. Und es habe einen weiteren Vorteil: „Ich kann es auf Wunsch auf jeden Kunden branden.“

Musikalisch ist Wockenfuß breit aufgestellt: „Am liebsten spiele ich aber Funk, Soul, Mainstream-Jazz, Dixieland und Pop.“ Wobei er ein erklärter Gegner von Sparten, genauso wie der Trennung zwischen U- und E-Musik ist: „Es gibt keine schlechte Musik, sondern nur schlecht gemachte. Wichtig ist, dass sie Energie hat.“

Zur Musik gekommen ist der gebürtige Westfale durch seinen Vater, der Posaune in einer Dixieland-Band spielte. Neben seinem Studium der Wirtschaftssoziologie an der Universität Duisburg-Essen studierte er bei der Duisburger Jazzprofessorin Ilse Storb, in deren Band „Ilse and her Satchmos“ er immer noch spielt.

Auf Tour mit Al Martino und Freddy Breck

Mit verschiedenen Bands und Formationen reiste er durch die ganze Welt, arbeitete unter anderem mit Al Martino oder Freddy Breck. Seit 1992 lebt er mit seiner Familie in Kamp-Lintfort, tourt normalerweise von hier aus mit verschiedenen Projekten weiter durch die Lande und unterrichtet an einem Krefelder Gymnasium eine Bläserklasse.

Die Corona-Pandemie habe ihm einen monatlichen Einkommensverlust von 75 bis 80 Prozent beschert, sagt Wockenfuß: „Aber es geht wieder vorwärts.“

Wer das Musiktaxi live erleben will: Am 23. Oktober ist es von 12 bis 15 Uhr auf der Landesgartenschau unterwegs.