Moers. In Moers gibt es neun weitere Stolpersteine. Sie erinnern an die Opfer des Nazi-Regimes. Zwei Nachfahren eines Opfers haben jetzt Klarheit.

Insgesamt 65 Menschen versammelten sich am Mittwoch um 13 Uhr an der Homberger Straße 342 – trotz anhaltendem Regen und Abstands- und Hygieneregeln. Grund für diese Zusammenkunft war die diesjährige Stolpersteinverlegung. Initiiert durch den Verein Erinnern für die Zukunft und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Moers wurden neun neue Mahnmale im Moerser Stadtgebiet verlegt.

Diese Verlegung erfolgte wie in jedem Jahr durch den Künstler Gunter Demnig, der seinem Projekt der Stolpersteine bereits seit 1996 nachgeht. „Gunter Demnig hat in ganz Europa bereits mehr als 75.000 Stolpersteine verlegt, bei uns in Moers werden es heute 110 sein. Das ist wirklich bewundernswert“, lobte Bernhard Schmidt, Vorsitzender von Erinnern für die Zukunft. Er begründete die eminente Bedeutung der Stolpersteine damit, dass es sich um „Namen, die nicht vergessen und ein Unrecht, über das nicht geschwiegen werden darf“ handle.

Dem schloss sich auch Bürgermeister Christoph Fleischhauer an, der betonte, wie wichtig es sei, der Erinnerung einen Platz in der Mitte der Gesellschaft zu geben: „Es ist wertvoll, den Opfern die Aufmerksamkeit zu geben, die sie nach wie vor verdienen.“

Stolpersteinverlegeung: Musikalische Begleitung von Tom Gerstenberger

Neben musikalischer Begleitung von Tom Gerstenberger, der das Lied „Stolpersteine“ des Rappers Trettmann neu interpretierte, gab es auch Beiträge von vielen Schulen. Den Anfang machte eine Projektgruppe der Geschwister-Scholl-Gesamtschule in Moers-Scherpenberg. Vier Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 präsentierten einen Vortrag über die Lebensgeschichte von Gustav Grünewald. Dieser fiel den so genannten Euthanasie-Morden des NS-Regimes zum Opfer, die vielen Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen systematisch das Leben kosteten.

Im Falle von Grünewald wurde ihm seine altersbedingte Demenz als „senile Geistesstörung“ ausgelegt, sodass er zuhause abgeholt und in eine Heil- und Pflegeanstalt verlegt wurde, wo er dann später an angeblichem „plötzlichem Herzversagen“ gestorben sei.

Die Realität heißt: Mord. „Jeder Mensch ist so wertvoll wie der andere. Diese Tatsache dürfen wir nie vergessen“, mahnen die Schülerinnen und Schüler zum Ende ihres Vortrages, bevor sie gemeinsam eine weiße Rose neben dem frisch verlegten Stolperstein ablegen.

Stolpersteine in Moers: Grünewalds Urenkelin reiste aus Berlin an

Besonders war der Tag auch für Antje Wilkes-Michaelis und Ute Wilkes. Die beiden Urenkelinnen von Gustav Grünewald sind aus Berlin und Hattingen angereist, um an der Erinnerung an ihren Vorfahren teilzunehmen. Durch den engen Kontakt mit den Initiatoren hätten sie schon viel über ihren Urgroßvater herausgefunden. Doch eine Antwort, was wirklich mit ihm passiert ist, hätten sie erst heute bekommen. Sie halten die Stolpersteine für sehr wichtig, um die Erinnerung lebendig zu halten.

Im Laufe des Tages wurden noch Stolpersteine für Ignatz Wozniak (Donaustr. 32), Gertrud Coblenz (Karlstr. 86), Johann Schürmann (Schmale Str. 2) und Ernst Hartmann (Beuthener Str. 1) verlegt. Sie alle wurden wie Grünewald Opfer der Krankenmorde der nationalsozialistischen Diktatur. Zudem erinnern nun Mahnmale an der Homberger Str. 13 an die jüdische Familie Isaacson, die durch die Verfolgung ihre Existenz verlor.