Moers. Aufbruch ist ein wichtiger Begriff für den Moerser SPD-Bürgermeisterkandidaten Ibrahim Yetim. Im NRZ-Interview sagt er, was er darunter versteht.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim will Bürgermeister in Moers werden. Im NRZ-Interview mit Matthias Alfringhaus spricht er über seinen Wahlkampf-Slogan „Aufbruch“, über Moers als „Stadt der Möglichmacher“ und über ein klimaneutrales Moers 2030.

Sie fordern einen Aufbruch für Moers. In welche Richtung muss Moers aufbrechen?

Ibrahim Yetim: Die Richtung ist Moers. Ich will den Aufbruch für Familien und für unsere Wirtschaft, so dass Moers der Mittelpunkt ist, zu dem alle hinwollen. Zum Aufbruch für Familien zählt für mich bezahlbarer und passender Wohnraum für jede Lebenssituation. Der Ausbau von Kindertageseinrichtungen bleibt eine zentrale Aufgabe, damit junge Familien Planungssicherheit haben. Die Bildungsangebote müssen auf dem höchsten Stand erhalten bleiben. Dazu zählt für mich auch die digitale Ausstattung und die notwendige Infrastruktur für die Moerser Schulen. Wir brauchen einen Aufbruch für eine starke Wirtschaft. Wir müssen die besten Voraussetzungen schaffen, um Unternehmerinnen und Unternehmer in Moers zu halten, Unternehmen für unseren Standort zu gewinnen und Gründerinnen und Gründern beim Start zu helfen. Ich möchte, dass Verfahren und Genehmigungen schneller bearbeitet werden, damit es zügig Klarheit für Ideen und Planungen gibt. Nur mit einer starken Wirtschaft schaffen wir Ausbildungs- und Arbeitsplätze und sorgen für eine lebendige Innenstadt sowie attraktive Ortsteile. Unternehmerinnen und Unternehmer sollen wissen: In Moers stehen ihnen die Türen offen. Wichtig ist mir zudem der Einsatz für mehr Sicherheit. Moers ist – was die Statistiken betrifft – eine sichere Stadt. Ich weiß aber, dass sich Menschen in manchen Straßen und Stadtteilen unsicher fühlen. Das darf nicht sein. Deshalb müssen wir als Stadt und in Zusammenarbeit mit der Polizei konsequent gegen Drogenkriminalität, Gewalt und die ausufernde Anzahl von Spielhallen vorgehen. Ich will, dass sich in unserer Stadt jede und jeder, egal wo und egal wann, wohl und sicher fühlt.

Wie kann der ÖPNV attraktiver werden? Wer kann das finanzieren?

Der öffentliche Nahverkehr muss zuverlässiger werden. Schülerinnen und Schüler, Berufspendlerinnen und -pendler oder Seniorinnen und Senioren müssen sich darauf verlassen können, dass der Bus kommt. Die Menschen werden erst dann das Auto öfter stehen lassen, wenn die Taktung stimmt. Mit Blick auf den Klima- und Umweltschutz brauchen wir einen funktionierenden, dichten und aufeinander abgestimmten Nahverkehr. Darüber hinaus muss das Preissystem so sein, dass es günstiger ist den Bus oder die Bahn zu nehmen. Der Nahverkehr ist und bleibt für mich eine kommunale Aufgabe. Das betrifft auch die Finanzierung. Neben den kommunalen Investitionen werde ich gemeinsam mit anderen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern auf Landes- und Bundesebene deutlich machen, dass auch diese Ebenen gefordert sind. Grundsätzlich ist mein Ziel klar: Busse und Bahnen müssen fahren!

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Was ist für Sie das wichtigste Projekt in Moers?

Neben meinen Vorschlägen für einen Aufbruch will ich, dass Moers eine „Stadt der Möglichmacher“ wird. Unsere Stadt lebt nämlich von vielen Vereinen, Initiativen und engagierten Bürgerinnen und Bürgern mit Ideen. Auch im Rahmen meines Schulprojekts „Meine Zukunft, meine Demokratie“ erlebe ich, dass junge Menschen sehr politisch sind und viele Vorschläge für die Zukunft haben. Dieses vielfältige Potenzial will ich nutzen. Ich werde ein Ideen- und Initiativbüro schaffen, wo Vorschläge schnell und unkompliziert aufgenommen werden.

Wo sehen Sie Veränderungsbedarf bei der Stadtverwaltung?

Bei der Digitalisierung, die immer das Ziel haben muss, Prozesse für die Bürgerinnen und Bürger zu vereinfachen, müssen wir uns verbessern. An dem Wegzug des Finanzamtes und der Entwicklung um das Grundstück in den letzten Jahren ist zu erkennen, was bei fehlender Entscheidungsstärke passiert. Moderation stößt dort an Grenzen, wo klare Entscheidungen notwendig sind. Als Bürgermeister werde ich mit einer starken Stimme die Interessen der Moerserinnen und Moerser vertreten.

Klimaneutrales Moers 2030: Wie wollen Sie das Ziel erreichen?

Ich bin überzeugt, dass der Klimaschutz auch im Kleinen beginnt und wir als Stadt einen Beitrag leisten können. Dazu zählt für mich unter anderem der Radwegeausbau, um Moers mit den angrenzenden Städten besser zu vernetzen. Ähnlich wie beim öffentlichen Nahverkehr müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen andere Mobilitätsformen wählen können, aber nicht müssen. Mit der Enni als Energieversorger sind wir mit Blick auf die erneuerbaren Energien hervorragend aufgestellt. Der Solarpark in Vinn und der Windpark in Repelen sind dafür tolle Beispiele. Wichtig ist mir immer, dass wir Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam denken.

>>>ZUR PERSON

Ibrahim Yetim wurde 1965 in Dinslaken als Sohn türkischer Zuwanderer geboren. Mit seiner Frau Petra und Tochter Selma lebt er seit 2005 in Moers-Kapellen.

Als Bergmechaniker hat er mehrere Jahre unter Tage gearbeitet. Das Abitur hat er berufsbegleitend auf dem Abendgymnasium nachgeholt und Kommunikationswissenschaft, Soziologie und Psychologie studiert.

In der SPD ist Yetim seit 1991. Von 2000 bis 2010 war er Geschäftsführer der SPD Unterbezirke Viersen, Krefeld und Wesel. Seit 2008 ist er Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Moers. Dem Rat der Stadt gehört er seit 2009 an, seit 2014 ist er ehrenamtlicher stellvertretender Bürgermeister in Moers.

Ibrahim Yetim ist Präsident der Awo Kreis Wesel und hat 2019 den Verein „Demokratie und Toleranz leben“ gegründet, dessen Vorsitzender er auch ist.