Rheurdt/Aachen. 1996 wurde in einer Rheurdter Kiesgrube die Leiche eines Mannes gefunden. Jetzt ist klar, dass er aus Aachen stammt. Fall wird neu aufgerollt.

Es ist der langersehnte Durchbruch in einem Fall, der die Polizei mittlerweile seit fast 24 Jahren beschäftigt. „Und es ist auch eine persönliche Genugtuung“, sagt der ermittelnde Kriminalhauptkommissar Gerhard Hoppmann von der Polizei Krefeld, der am 8. Dezember 1996 dabei war, als in einer Rheurdter Kiesgrube die Leiche eines völlig entstellten, unbekleideten Mannes gefunden wurde. Jetzt ist der Name des Mannes bekannt: Er heißt Wilfried Kalitz und stammt nicht, wie lange vermutet, aus Osteuropa, sondern aus Würselen bei Aachen. Die Polizei sucht nun nach seinem Mörder.

Intensiv und hartnäckig habe man damals am Niederrhein versucht, die Leiche zu identifizieren und den Tätern auf die Spur zu kommen. Doch es sollte für viele Jahre der einzige ungeklärte Mord im Kreis Kleve bleiben, der Fall wurde zum „Cold Case“, in den erst 2019 wieder Bewegung kam. Als beim Landeskriminalamt (LKA) eine Cold-Case-Datenbank eingerichtet wurde, griff auch die Krefelder Polizei alte Fälle noch einmal auf, auch mit Hilfe neuer digitaler Bildtechnik.

Mann erkannte das Opfer bei „Aktenzeichen XY“

Dieses Bild zeigt das Opfer Wilfried Kalbitz aus Würselen bei Aachen ebenfalls. 
Dieses Bild zeigt das Opfer Wilfried Kalbitz aus Würselen bei Aachen ebenfalls.  © LKA

Auf Basis der Leichenfotos erstellte das LKA neue Bilder, die im August 2019 in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ gezeigt wurden. Über 50 Hinweise gingen daraufhin ein – einer war der entscheidende. „Es war ein großer Zufall, dass dieser Mann das Foto beim Durchzappen gesehen hat“, erklärt Hoppmann, der nun mit der Polizei Aachen weiter ermittelt.

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Der 1953 geborene Wilfried Kalitz, das fanden die Beamten heraus, hatte in Würselen gelebt, bis er Ende November 1996 spurlos verschwand. Er wurde nie als vermisst gemeldet, hatte mehrere Brüder, eine Schwester, eine geschiedene Ehefrau sowie eine Tochter und einen Sohn. Sie alle bestätigten, dass Kalitz sich nie mehr gemeldet habe. „Die Familie ist gänzlich unauffällig. Sie waren sehr überrascht, jetzt zu erfahren, was wirklich mit ihm passiert ist“, so Hoppmann. „Und auch erleichtert, weil sie nun zumindest Gewissheit haben.“ Die polizeiliche Zeichnung des Mannes sei damals nicht bis nach Aachen gedrungen, auch weil der Verbreitungsgrad ohne das Internet noch nicht so hoch gewesen sei.

Das Opfer hatte Schulden

Kalitz war 1996 weder suizidgefährdet, noch lagen Anhaltspunkte für ein Verbrechen vor. „Die Angehörigen hatten geglaubt, er habe sie im Stich gelassen, weil er Schulden hatte“, sagt der Kriminalhauptkommissar. Kalitz, der viele Jahre in Aachen als Busfahrer gearbeitet hatte und zuletzt einen Handel mit Wohnmobilen betrieb, wohnte in seinem eigenen Haus in Würselen. Hier sei wahrscheinlich auch der Tatort, so Hoppmann. Spuren gebe es knapp 24 Jahre später aber nicht mehr. Kalitz hatte im Erdgeschoss eine Werkstatt, oben wohnte er. Der damals 43-Jährige soll finanzielle Probleme gehabt haben, in Monschau wollte er einen Grillimbiss mieten. Dieser, so die Erkenntnisse, soll jedoch abgebrannt sein, bevor er ihn übernehmen konnte.

Mit Kalitz verschwand auch sein VW-Bus und sein Schäferhund Rex. Die Polizei sucht nun Zeugen, die das Fahrzeug oder den Hund gesehen haben.
Mit Kalitz verschwand auch sein VW-Bus und sein Schäferhund Rex. Die Polizei sucht nun Zeugen, die das Fahrzeug oder den Hund gesehen haben. © LKA

Die Polizei ist nun „sehr zuversichtlich“, den oder die Mörder zu finden. Sie geht davon aus, dass es mehrere Täter oder zumindest Mitwisser gibt. Dafür spreche, dass Kalitz’ Leiche 1996 mehr als 110 Kilometer entfernt von seinem Wohnort in der Nähe eines einsamen Waldweges zwischen den Rheurdter Ortsteilen Saelhuysen und Schaephuysen einen Abhang heruntergerollt worden sei. „Auch andere Ansätze, die wir noch nicht mitteilen können, sprechen dafür“, sagt Hoppmann. Er geht Ende diesen Jahres in Pension und will diesen Fall, der ihn schon so lange begleitet, unbedingt noch aufklären.

Mit Kalitz verschwand sein VW-Bus und sein Schäferhund

Einzelne Kontakte des Verstorbenen habe man bereits rekonstruieren können. Es werden nun aber Menschen gesucht, die beruflich oder privat mit Kalitz in Verbindung standen. Auch ein „Emil“ genannter rumänischer Mann soll regelmäßig bei ihm gearbeitet haben und wird gebeten, sich bei der Polizei zu melden. Mit Kalitz verschwanden damals auch sein älterer VW-Bus, Typ T3, und sein Schäferhund Rex.

Hier lebte das Opfer, bevor es Ende 1996 aus Würselen verschwand.  
Hier lebte das Opfer, bevor es Ende 1996 aus Würselen verschwand.   © LKA

Als Kalitz im Dezember 1996 von einem Jäger, der mit seinem Hund unterwegs war, gefunden wurde, hatte er schon mehrere Tage in der Hauser Sandkuhle gelegen und es hatte stark geregnet, so dass viele Spuren ausgelöscht waren. Er wurde durch Schläge getötet und war vor allem im Gesicht brutal entstellt worden.

Polizei dachte lange, das Opfer käme aus Osteuropa

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Zahntechnische Befunde, ein Isotopengutachten und weitere Erkenntnisse sprachen lange Zeit dafür, dass es sich bei dem Toten um einen Osteuropäer handeln könnte, zumal zur damaligen Zeit am Niederrhein viele polnische Landarbeiter ihre Arbeitskraft anboten.

Am kommenden Dienstag wird der Fall zum dritten Mal bei „Aktenzeichen XY“ gezeigt. Hinweise nimmt die Kripo Krefeld unter 02151-6340 entgegen.