Kamp-Lintfort. Der Grüne Jürgen Bachmann will Bürgermeister in Kamp-Lintfort werden. In den Wahlkampf geht es per Fahrrad. Und seine Chancen bei der Wahl?

Sein Herz ist grün, auch privat. Jürgen Bachmann wohnt etwas abseits in Kamp-Lintfort und hat gut 1100 Quadratmeter Garten, in denen er Insekten und anderen Tieren eine Heimat bietet.

Der Bürgermeister-Kandidat der Grünen sorgt sich um seine Frösche, freut sich, wenn der Kleiber an den alten Obstbaumstämmen kopfüber unterwegs ist oder der Specht klopft, kennt seine Igel und seine Eichhörnchen, will demnächst seinen eigenen Wein machen, teilt seine Kohlrabi: „Die ernte ich nicht.“

„Wir leben über unsere Verhältnisse“

Aber er vermisst Schmetterlinge, die sonst immer da waren. Und erschrickt, wenn nach 300 Kilometern Autobahn die Windschutzscheibe immer noch blitzblank ist, während sie früher dicht mit Insektenleichen gepflastert war. „Irgendwas läuft nicht rund“, findet der 65-Jährige. Darauf will er die Kamp-Lintforter im Wahlkampf unermüdlich aufmerksam machen. „Wir leben über unsere Verhältnisse“, stellt der Großvater dreier Enkel fest. Er sorgt sich um die kommenden Generationen.

Der Mann ist nicht verrückt, wenn er gegen den amtierenden Bürgermeister Christoph Landscheidt antritt. Seine Rolle weiß er einzuschätzen: „Das ist wie Bayern München gegen den FC Nürnberg, oder so.“ Obwohl ja im Pokal schon so manche Überraschung… Egal. Er gehe jedenfalls total entspannt in den Endspurt bis zur Kommunalwahl am 13. September. „Ich bin seit 16 Jahren Ratsmitglied, 22 Jahre war ich in der Verwaltung tätig. Ich weiß, wie der Hase läuft.“

Pedelec? Muss nicht immer sein!

Und er weiß, wie ein Grüner zum Wahlkampf fährt. Nämlich mit dem Fahrrad. Material und Klapptisch sind im Anhänger verstaut. Der Rentner gönnt sich in diesem Fall das Pedelec. „Aber ich fahre noch oft mit dem normalen Fahrrad“, erklärt er, der sich auch mit Tennis fit hält. Insgesamt auf geschätzten 4000 Kilometern im Jahr reichen ihm zwei Räder.

Die will er auch den Kamp-Lintfortern mehr ans Herz legen. Ja, auch die SPD hat die Radfahrer für sich entdeckt, aber Bachmanns Vision geht da schon ein bisschen weiter: „Meine Grün-City wäre eine Stadt für Fußgänger, Fahrräder, Rollatoren, Rollstühle und E-Shuttles.“ Natürlich nur, wenn die entsprechende Infrastruktur auch da ist mit vielen und guten Fahrradwegen und am besten Fahrradstraßen. Er erzählt von einer Studie, nach der ein Riesenanteil des Mikroplastik in den Weltmeeren vom Gummiabrieb der Autoreifen stamme.

Entschieden gegen die Verlängerung einer Straße

Auch mit seinem zweiten großen Kamp-Lintforter Thema, mit dem er die Wähler überzeugen will, rollt er den Autofahrern nicht gerade den roten Teppich aus. „Wir sind die einzige Partei, die gegen die Verlängerung der B 528 ist.“ Die geplante Trasse, die allerdings nicht allein in städtischer Hoheit liegt, führe über 4,4 Kilometer durch Felder und Wälder und gefährde Rehwild oder womöglich Kreuzkröten. Das ist aber für Bachmann nur die eine Seite der Medaille: „Wenn die B 528 erstmal da ist, ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zum Kiesabbau im Wickrather Feld“, fürchtet er. Beim Thema Kies, so glaubt er, riskiere die CDU mit ihrer aus seiner Sicht mindestens „unglücklichen“ Positionierung in Kamp-Lintfort viele Wählerstimmen.

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„Gänsehaut“ bekomme er beim Besuch der Landesgartenschau. Nicht nur wegen der Blumen, sondern auch wegen der geflossenen Landesmittel, die für Kamp-Lintfort ein „Riesengewinn“ seien. Ein Dorn im Auge ist ihm der Zechenturm, um dessen Erhalt die Kamp-Lintforter gerungen haben: „Irgendwann ist das nur noch Sondermüll.“

Zur grünen Partei gefunden habe er durch Otto Sartorius. Ihn habe er ausgerechnet in Spanien im Urlaub kennen gelernt. „Der hat mich dazu geholt.“ War bestimmt nicht schwer, wenn einer schon ein grünes Herz hat.