Am Niederrhein. Noch geben die Narren am Niederrhein nicht alles verloren. Aber der Sitzungskarneval könnte für viele Vereine zum finanziellen Fiasko werden.
Schwere Zeiten für den Karneval. Bis Ende Oktober sind Großveranstaltungen wegen der Corona-Krise verboten. Was danach kommt, steht in den Sternen. Den Vereinen in der Region bereitet das Kopfschmerzen.
Zwar könnte man die Züge beispielsweise in Moers und Neukirchen-Vluyn bei Grünlicht auch kurzfristig ziehen lassen, heißt es. Probleme gibt es aber vor allem mit den Saalveranstaltungen. Künstler wurden teilweise schon vor ein, zwei Jahren verpflichtet, eine Absage ohne gesetzlichen Anlass bedeutete hohe Kosten für die Vereine. „Das wäre das Aus“, weiß beispielsweise Armin Linsinger vom KKV.
Bisher schon wurden alle Veranstaltungen wie Sommerfeste und ähnliches von den Vereinen abgesagt. Dieter Böhl von der Moerser KG Fidelio: „Vieles macht uns noch Bauchschmerzen“, sagt Böhl. „Wenn wir beispielsweise statt 450 nur 220 Menschen in den Saal lassen dürften, finanziert sich die ganz Veranstaltung nicht mehr.“ Und: „Karneval, wenn immer ein Stuhl frei bleiben muss, ist doch kein Karneval mehr.“
Wenig Besucher, zu wenig Geld
Hoppeditzerwachen wolle die Fidelio diesmal nur im engsten Vereinskreis feiern: „Ob das erlaubt sein wird, wissen wir noch nicht.“ Nicht viel anders sieht es für Pascal Krumpen und die Moerser KG Humorica aus: „Auch für uns wären Veranstaltungen mit nur wenigen Besuchern ein finanzielles Fiasko.“ Und: „Unsere Garden trainieren wieder. Ob sie zum Tanzen kommen, ist ungewiss.“
Obermöhne Maria Driske: „Ob wir das Rathaus stürmen können, dazu gibt es demnächst ein Gespräch mit dem Ordnungsamt. Anfang August wissen wir mehr.“
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Klare Kante zeigt Hans Kitzhofer, Präsident im Kulturausschuss Grafschafter Karneval, dem Dachverband der regionalen Karnevalvereine: „Wir wollen nicht der nächste Corona-Hotspot sein. Daher haben dem Kinder- und dem Erwachsenenprinzenpaar für diese Session abgesagt. Was aus dem Nelkensamstagszug wird, wissen wir nicht“, sagt Kitzhofer, zuständig für die Organisation. Zur Not könne man den Zug kurzfristig ziehen lassen, falls es vom Land grünes Licht gebe, was er aber stark bezweifele: „Schauen Sie doch mal nach Gütersloh…“
Neukirchen-Vlü-Ka_Ge gibt sich verhalten optimistisch
Dass es bei den Vereinen noch Hoffnung auf eine einigermaßen normale Session 20/21 gebe, könne er nicht verstehen. Jörg Thiem von der Neukirchen-Vlü-Ka-Ge gibt sich trotz allem verhalten optimistisch: „Wir planen unsere Saalveranstaltungen zwei Jahre im Voraus. Die Künstler sind bereits verpflichtet, auch fürs nächste Jahr schon.“
So ein Riesenprogramm könne man nicht einfach absagen, sagt Jörg Thiem von der Neukirchen-Vlü-Ka-Ge weiter. Zumindest, wenn das Land keine klare Regelung treffe. „Wir warten auf die Nachricht, dass Karneval diesmal ausfallen muss. Aber die kommt nicht“, macht Thiem seinem Ärger Luft.
Der Rosenmontagszug könne auch kurzfristig steigen: „Wir haben sogar einen neuen Wagen gekauft“, meint Thiem. Und noch stehe ja nicht fest, dass der Straßenkarneval ausfalle. „Alle schwimmen, und keiner weiß, was werden soll. Das bringt die kleinen Vereine in finanzielle Schieflage.“
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Ob der Rathaussturm in Kamp-Lintfort stattfindet, ist offen
Hans Grossauer vom Festausschuss Kamp-Lintforter Karneval: „Der Seniorennachmittag ist schon mal gestrichen. Und ich sehe auch keine Chance für andere karnevalistische Aktivitäten in dieser Session“, stellt er klar. Ob der Rathaussturm stattfinde, sei ungewiss. Einen Zug gebe es dieses Jahr in Lintfort ohnehin nicht.
Auch Armin Linsinger, Präsident des Kamp-Lintforter Karnevalvereins, meint: „Aus Saalveranstaltungen mit 500 Besuchern wird wohl nichts werden.“ Damen, Herren- und Kindersitzungen seien geplant. „Wo Profis auftreten, gibt es ein Problem.“ Unter Umständen kämen, wenn das Land nicht offiziell den Karneval absage, auf seinen Verein 22.000 bis 25.000 Euro Schadenersatz zu. „Ein kleiner Verein wie wir wäre dann pleite.“ Besser hat es da das Karnevals-Komitee-Kolping. „Wir haben alles abgesagt, aber bei uns treten auch nur befreundete Künstler auf“, sagt Hans-Peter Peißer.
>>> Konzept kommt im August
Die Karnevalisten der Hochburgen arbeiten derzeit an einem Konzept für das Gesundheitsministerium, das den gesamten Straßenkarneval und die Besucherströme regeln soll.
Bis Anfang August soll es vorliegen. Unter anderem denkt man an dezentrale Veranstaltungen zum Sessionsauftakt und eine reduzierte Teilnehmerzahl. Ob das Konzept am Ende organisierbar und finanzierbar sei, stehe nicht fest, heißt es. Ministerpräsident Armin Laschet hatte sich unlängst gegen einen Straßenkarneval in 2021 ausgesprochen.