Moers. Die Joyful Voices geben ein Probenkonzert im Moerser Schlosspark. Sänger und Zuhörer sind begeistert. Weitere solcher Auftritte sind möglich.
„Power” schallte es, vielstimmig gesungen, am Samstagmittag auf einer Wiese im Park hinter dem Moerser Schloss. Ungewohnte Klänge in der derzeitigen Situation. Im Schlosspark nämlich gab der Gospelchor Joyful Voices ein öffentliches Probenkonzert.
„Nach drei Monaten ausgefallener Proben, wachsender Entzugserscheinungen und keiner Aussicht auf kurzfristige Besserung wollte ich den Chor unbedingt wieder ans Singen bringen. Vor 14 Tagen hatte ich dann die Idee, dies einmal ‚Open Air‘ zu versuchen. Ich wusste nur nicht wie und wo“, berichtet Chorleiter Ernst Ickler. Bei der Stadt sei er damit auf offene Ohren gestoßen: „Bürgermeister Fleischhauer war sofort begeistert und wies die zuständigen Ämter an, die nötigen Schritte einzuleiten.“ Den richtigen Platz habe dann Eva Marxen vom Kulturbüro der Stadt gefunden – den Schlosspark: An frischer Luft und ohne Probleme, die Abstandsregeln einzuhalten.
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So hatten sich am Samstag 23 Sängerinnen und Sänger vor ihrem Chorleiter am Keyboard auf der Wiese verteilt und waren hörbar froh, wieder einmal gemeinsam singen zu können. Für die im Freien notwendige Mikrofon- und Tontechnik sorgte, von der Volksbank Niederrhein gesponsert, ProAudiovision aus Moers.
Schon bei „Power“, dem ersten Lied, hatten sich über 100 Zuhörer auf der Wiese versammelt, saßen auf Baumstämmen, auf mitgebrachten Decken oder einfach im Gras in der Sonne. Radfahrer stellten überrascht ihre Räder ab, Väter hatten ihre kleinen Kinder auf die Schultern genommen und lauschten gespannt.
Das abwechslungsreiche Chorprogramm reichte von Gospels, die zum Mitsingen einluden, wie „Open The Eyes Of My Heart, Lord“, über rockige Stücke wie „The Lord Is Mercy“ und ruhige Balladen wie „Power Of Your Love“ bis zum andächtig gesungenen Gebet „Halleluja, We Worship You“. Mitsingen war nicht ganz so einfach, doch zum im Takt wippen und Hüftenschwingen reichte es allemal. Dabei funktionierte die Akustik überraschend gut: „Es klingt sehr schön, fast besser als in der Kirche“, meinte eine Zuhörerin, die es nicht lange auf ihrer Decke hielt.
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„Den Eindruck einer echten Chorprobe vermittelten von den einzelnen Stimmen zunächst getrennt und dann gemeinsam gesungene Passagen von neuen Liedern wie „Move, Spirit Move“ oder „Come Into His Presence“, die für das nächste Chorkonzert am 31. Oktober in St. Ludger in Kapellen vorgesehen sind: „Doch ob es dazu überhaupt kommt, steht noch in den Corona-Sternen“, seufzte Ickler und hofft dennoch auf ein Wunder. Mit dem fetzigen, von Solosängerin Silke Schilz mit eindrucksvoller Soulstimme begleiteten „Operator Information“ ging das Probenkonzert, von allen beklatscht, zu Ende.
90 Minuten mit schöner Musik waren wie im Fluge vergangen: „Es war einfach wunderbar, alle wiederzusehen und zusammen zu singen. Mir standen vor Freude die Tränen in den Augen“, drückte Sängerin Bernadette Heinz aus, was wohl der ganze Chor fühlte. „Eine Superidee und ein Schritt weiter zur Normalität, das sollte man viel öfter machen“, regten denn auch begeisterte Zuhörer an. Kurz: Ein rundum gelungenes Experiment, bei dem zum Glück auch das Wetter mitspielte. Und eine neue, aus der Not geborene Erfahrung, an die man sich auch noch nach der Krise erinnern sollte.