Moers. Flüchtling John Kuma hat nach vier Jahren Lehre bei der Firma Marschmann in Moers die Gesellenprüfung bestanden. Die nächste Prüfung folgt bald.

Vor fast fünf Jahren hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung gesagt: „Wir schaffen das.“ John Kuma und Heike und Volker Marschmann aus Moers können seit diesem Donnerstag sagen: „Wir haben es geschafft.“

Auf dem Konferenztisch der Firma Marschmann in Utfort liegt ein Schreiben vom 17. Juni 2020. Der Stempel auf dem Blatt verrät, dass hier die Maler- und Lackiererinnung im Kreis Wesel etwas mitzuteilen hat. Der wesentliche Satz lautet: „Die Prüfung ist bestanden.“ John Kuma aus Ghana, 24 Jahre alt, ist jetzt Handwerksgeselle.

Fast vier Jahre hat seine Ausbildung gedauert, ein Jahr länger als sonst üblich, und es war nicht leicht. Über die Werkstatt des Sozialträgers SCI:Moers an der Barbaraschule haben Heike und Volker Marschmann John Kuma Anfang 2016 kennengelernt. Da war er schon über ein Jahr unterwegs in Europa, einer von so vielen, die in dieser Zeit aus ihrer Heimat fliehen mussten.

Flucht aus der Heimat vor kriminellen Clans und Landung in Lampedusa

John Kuma floh 2014 nach dem Tod seines Vaters aus seiner Heimat, weil ihn Clans mit dem Tode bedrohten. Sie wollten – und bekamen – sein Land, um Cocoa anzubauen und nach Gold zu graben. Sein Weg führte ihn über das Mittelmeer, die Szenen haben sich tief in sein Bewusstsein eingefressen. Lampedusa, der italienische Hafen, in dem viele Flüchtlinge europäischen Boden betreten, ist für ihn kein bloßes Schlagwort aus den Nachrichten. Seine Mutter und seine jüngeren Geschwister leben nach wie vor in Ghana, das Land ist weg, wie Kuma berichtet. Geld dafür, rechtlich gegen die Clans vorzugehen, hat er nicht. Seit der Flucht ist er nicht mehr dort gewesen, das Handy ist die einzige Brücke in die Heimat.

Auch interessant

Auszeichnung für die Firma Marschmann-kKdF--198x148@DERWESTEN.jpg
Von Tom Wittenschläger

Im August 2016 hat John Kuma seine Lehre bei den Marschmanns begonnen, und es klappte – gar nicht. „Ich konnte kein Deutsch, das war das größte Problem“, sagt er heute. So groß war das Problem, dass sich Heike und Volker Marschmann entscheiden mussten, im Sommer 2017 noch einmal von vorn zu beginnen. „Das hat John gar nicht gefallen, und das hat er uns auch spüren lassen“, sagt Heike Marschmann.

Hilfe kam vor allem vom Moerser Institut für Modelle beruflicher und sozialer Entwicklung, das die Sprache und auch die beruflichen Fachbegriffe gut vermittelte. Hilfe kam aber auch von John Kuma: „Ich habe Sprach-Videos auf dem Handy geguckt.“ So kommt es, dass er Deutsch heute fast so beherrscht wie seine Muttersprache Twi, eine der Amtssprachen in Ghana.

Plötzlich sollte John nach Ghana abgeschoben werden

„Ich bin seht stolz auf John, er hat sich angestrengt. Jetzt kann er als Geselle zeigen, was er in der Lehre gelernt hat“, sagt Firmenchef Volker Marschmann. Den größten Schreck während der Ausbildung bekamen Kuma und die Marschmanns 2017, als der Azubi abgeschoben werden sollte, obwohl das damals neue Integrationsgesetz es anders vorsah. Doch die Abschiebung konnte abgewendet werden. Auch jetzt, als Geselle, kann er in Deutschland bleiben.

Auch interessant

John Kuma freut sich mächtig über die bestandene Gesellenprüfung, aber fast ebenso gern würde er Auto fahren. Die Voraussetzungen sind gut, am 29. Juni ist Fahrprüfung. „Wenn ich die auch bestehe, lade ich Frau und Herrn Marschmann zum Eis essen an den Kö ein“, sagt Kuma.