Kamp-Lintfort. Die Folgen der Corona-Krise treffen kleinere Reiseveranstalter besonders hart. Auch Annemarie und Harald Braun, die Reisen nach Afrika anbieten.
In ihren Köpfen haben Annemarie und Harald Braun das laufende Geschäftsjahr mittlerweile abgeschrieben. Gemeinsam leitet das Ehepaar aus Kamp-Lintfort die auf Afrika-Reisen spezialisierte Reiseagentur „African Dreamtravel“. Wie viele andere kleine und mittlere Reiseunternehmen trifft die Corona-Krise auch die Kamp-Lintforter Agentur besonders hart: „Im Moment sind wir von morgens bis abends damit beschäftigt, Reisen umzubuchen oder zu stornieren“, erzählt Harald Braun.
Namibia, Uganda, Äthiopien, Südafrika, Kenia – ob es in diesem Jahr noch Tourismus in diesen Ländern geben wird, können Annemarie Braun und ihr Mann trotz guter Kontakte nach Afrika schwer einschätzen. „Deshalb gibt es auch für uns keinerlei Planungssicherheit, wir können nur abwarten“, sagt Annemarie Braun.
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„Können keine Alternativen anbieten“
Das, was in normalen Zeiten eine erfolgreiche Geschäftsidee war – sich auf Individualreisende auf den afrikanischen Kontinent zu spezialisieren – fällt den beiden Kamp-Lintfortern jetzt wegen der Corona-Krise vor die Füße: „Wir können unseren Kunden keine Alternativen anbieten“, sagt Harald Braun. Und: „Wer eine Safari bucht, für den ist ein Urlaub am Timmendorfer Strand wahrscheinlich kein Ersatz.“
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In dieser Woche bearbeiten die Brauns noch die Reiseabsagen für Ende Juni, nächste Woche kontaktieren sie ihre Juli-Kunden. Dabei, sagen beide, gehe es ihnen als Reiseveranstalter mit engem Kundenkontakt noch relativ gut: „Wir haben wirklich supertolle Kunden. Bislang haben 90 Prozent auf 2021 umgebucht. Das gibt uns die Möglichkeit, die Krise zu überwinden“, so Harald Braun. Es gebe sogar Leute, die storniert hätten und aus Verbundenheit und Solidarität ihre Anzahlung nicht zurückhaben wollten.
Jetzt: Buchung ohne Anzahlung
Längst sind die Brauns auch dazu übergegangen, ihren Kunden eine Buchung ohne Anzahlung anzubieten: „Dann haben die Leute zwar nicht die Sicherheit, ob sie wegen Corona reisen können, aber es geht eben auch kein Geld verloren.“
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Was die beiden im Moment zusätzlich aufregt: „Die Reiseveranstalter werden derzeit von vielen als Abzocker dargestellt, das bereitet uns zunehmend Schwierigkeiten“, beklagt Harald Braun. „Wir leben ja nicht von Luft und Liebe und unserer Begeisterung für Afrika allein“, ergänzt seine Frau. „Wir werden gezwungen, für Leistungen, die wir erbracht haben, nichts zu bekommen. Wir planen und führen individuelle Reisen durch, da sind unsere Vorleistungen besonders groß. Wenn der Kunde bucht, ist in der Regel eine Anzahlung von 20 Prozent fällig. Damit zahlen wir beispielsweise Lohnkosten, die Lodges oder die Mietwagen vor Ort. Sechs Wochen, bevor der Kunde die Reise antritt, müssen wir die Leistungen vor Ort zu hundert Prozent bezahlen - und kriegen sie nicht in allen Fällen zurück.“
Veranstalter bekommen investiertes Geld nicht komplett wieder
Müssten dann aber Reisekosten komplett zurückerstattet werden, bekäme die Firma ihr bereits investiertes Geld nur zu Bruchteilen wieder. Bei den kleinen und mittleren Reiseveranstaltern stünden etwa 25.000 bis 30.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, sagt Harald Braun: „Wenn alle Kunden auf Rückerstattung bestehen, statt umzubuchen oder Gutscheine anzunehmen, wird es eine riesige Pleitewelle geben.“
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Auch African Dreamtravel hat die Soforthilfe vom Bund beantragt – und bekommen: „9000 Euro, das ging wirklich sehr problemlos“, sagt Annemarie Braun. Die fünf Mitarbeiter der Firma sind in Kurzarbeit. „Noch sind unsere Probleme nicht existenziell, aber wir können im Moment eben auch keine neuen Buchungen generieren“, sagt Harald Braun, „die Menschen sind verunsichert und haben womöglich auch weniger Geld.“ Zwar stehe in der Politik auch ein Rettungsfonds für Reiseveranstalter im Raum, noch seien Details aber nicht bekannt.
„Hoffen, dass der Spuk im nächsten Jahr vorbei ist“
Normalerweise reisen Annemarie und Harald Braun auch selbst jedes Jahr nach Afrika, um neue Kontakte zu knüpfen und neue Reisepakete zu schnüren. Das, sagen beide, werden sie in diesem Jahr wohl seit langem erstmals nicht tun. „Wir stecken jetzt alles Geld in die Firma, damit wir unsere Mitarbeiter halten können. Und dann hoffen wir, dass dieser Spuk im nächsten Jahr vorbei ist.“