Moers. Der Anteil der Risikogruppen innerhalb des Personals liegt fast überall bei 25 bis 40 Prozent. Träger sind gespannt auf die NRW-Entscheidung.

Wenn die Ministerpräsidenten am Mittwoch gemeinsam mit der Bundeskanzlerin über weitere Lockerungen in der Corona-Krise nachdenken, werden auch die Träger der Kindertagesstätten in Moers ganz genau hinhören. Zum einen, weil das Thema in der Runde besprochen wird, zum anderen, weil NRW-Familienminister Joachim Stamp bereits angekündigt hat, die Öffnung der Kitas im Land im Zweifel auch eigenständig auszuweiten. Diese Ankündigung ist allerdings noch mit so vielen Variablen gespickt, dass die Träger nur hoffen können, dass ein möglicher Vorstoß des Familienministers das gesamte System nicht plötzlich überlastet. Und diese Möglichkeit besteht vor allem personell.

Auf 25 bis 40 Prozent beziffern nahezu alle Kita-Träger in der Stadt den Anteil ihrer Erzieherinnen und Erzieher, die zur Corona-Risikogruppe gehören. Und je nachdem, wie umfassend die Kinderbetreuung ausgedehnt werde, könne die Personalstruktur ein Problem darstellen, sagt zum Beispiel der Moerser Stadtsprecher Thorsten Schröder. Er beziffert den Anteil der Risikogruppe an 182 Mitarbeitern in den 17 städtischen Kitas auf rund 30 Prozent. Diese Gruppe sei nicht ohne weiteres ersetzbar, so Schröder weiter. https://www.nrz.de/staedte/moers-und-umland/corona-in-moers-so-sieht-es-in-den-kita-notgruppen-aus-id228867477.html

Kita-Träger in Moers hoffen auf genügend Zeit bei der Umsetzung

Wenn die Kinderbetreuung ausgeweitet werde, sei kaum Ersatz mehr auf dem Arbeitsmarkt verfügbar, weil alle anderen Träger in einer ähnlichen Lage seien. Dabei gehe es schließlich auch darum, dem Anspruch gerecht zu werden, den Eltern mit einer Erweiterung der Kinderbetreuung erwarteten, sagt Thorsten Schröder. „Es soll ja keine Verwahrung sein, sondern die Arbeit mit den Kindern soll weitergehen.“

Und die fußt vor allem auf Nähe und Zuwendung, auf Emotion und Bestärkung. Was alles kaum zu gewährleisten ist, wenn man Mindestabstände einhalten muss und Atemschutzmasken tragen sollte. Deshalb haben sich die meisten Kita-Träger mit ihren Teams darauf verständigt, auf Schutzmasken zu verzichten. „Alles andere wäre für die Kinder zu befremdlich“, sagt Ute Thöming.

Die Verbundleiterin der Katholischen Kirchengemeinde St. Martinus ist gemeinsam mit ihrer Kollegin Erika Török für sieben Kindergärten mit rund 460 Kindern zuständig. Und im Grunde seien alle Erzieherinnen und Erzieher gefährdet, so Thöming, die den Anteil der Risikogruppe an insgesamt 90 Mitarbeiterinnen auf „30 bis 40 Prozent“ schätzt. Auch über die räumlichen Voraussetzungen müsse man in dem Zusammenhang sprechen. Bislang seien fünf bis sieben Kinder in einem Raum. Ob das so bleibt, müsse man abwarten. Aber auch für diese räumliche Umsetzung benötige man Zeit, sagt Ute Thöming. „Mit einer Woche wäre es da nicht getan!“

Erzieherinnen und Erzieher sind auch auf die Betreuungsvorgaben gespannt

Die personelle Situation nennt auch die Fachberaterin für Kindertageseinrichtungen im evangelischen Kirchenkreis Moers, Susanne Wunderlich, eine „Problemzone“. Von 309 Mitarbeitenden in insgesamt 23 Kitas im Kirchenkreis gehören rund 30 Prozent zur Risikogruppe. Daneben ist Wunderlich auch gespannt, wie die Vorgaben für die räumliche Umsetzung und für die Betreuung an sich generell aussehen sollen. Die Abstandsregeln könne man einem Zweijährigen schließlich nicht vermitteln. „Das wird spannend.“

Allerdings glaubt sie nicht daran, dass man den Kita-Trägern viel Zeit lassen wird, um die Vorgaben umzusetzen. „Was Freitag reinkommt, muss meistens bis Montag oder Dienstag umgesetzt werden.“ Insofern sei der Druck auf allen Seiten hoch.

Angesichts dieser Ungewissheiten könne man nur „auf Sicht fahren“, sagt die Verbundleiterin der Katholischen Kirchengemeinde St. Josef, Karina Göbel-Scherken. Dort liegt der Anteil der Risikogruppe bei rund 25 Prozent. 40 Erzieherinnen und Erzieher betreuen rund 240 Kinder in vier Tagesstätten. Und gerade bei der Frage, wie die räumliche Vorgabe aussehen wird, bleibt die Verbundleiterin gelassen. Momentan, so Karina Göbel-Scherken, gebe es dazu keine wirkliche Alternative.

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So sieht es auch Benjamin Walch, Geschäftsbereichsleiter der Awo im Kreis Wesel, die in Moers, Neukirchen-Vluyn und Kamp-Lintfort elf Kitas mit 772 Kindern und rund 180 Mitarbeitern betreibt. Davon zählten rund 15 Prozent zur Risikogruppe, sagt Walch, der die anstehende Diskussion um eine Ausweitung der Kinderbetreuung „das nächste Level“ in der dynamischen Entwicklung der Corona-Lockerung nennt. Grundsätzlich sei man aber auf alle Eventualitäten vorbereitet.

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Erzieherinnen und Erzieher raten dazu, Kita-Mitarbeiter flächendeckend auf Antikörper zu testen, um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten.

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