Moers. Seit drei Wochen sind die Abiturienten im Homeoffice. Eine Lehrerin möchte sie mit einem selbst erstellten digitalen Klassenzimmer unterstützen.

Auf dem Schreibtisch steht der Laptop, ein Video läuft und vor ihr liegt ein Collegeblock für Notizen. Der Schulalltag beginnt neuerdings für Lisa Schiller meist erst um 12 Uhr. Sie sitzt nicht, wie gewohnt, um 8 Uhr in der Klasse und hört ihren Lehrern zu. Ihr geht es aktuell wie vielen Schülerinnen und Schülern in Moers: Sie müssen sich wegen des Coronavirus seit fast drei Wochen von zuhause aus auf ihre Abiturprüfungen vorbereiten.

Die 18-jährige geht in die zwölfte Klasse am Grafschafter Gymnasium. Bereits als sich die Schulschließung angedroht hat, hätten einige Lehrer reagiert, sagt sie. So auch Anke Pötter, die jeweils einen Deutsch- und einen Erdkundekurs erfolgreich durch das Abitur bringen möchte. „Wir wussten, dass das kommt. Im Schulsystem tröpfelt das von oben nach unten ein wenig durch“, erzählt die Lehrerin.

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Deshalb habe sie schon Anfang März mit ihren Schülern darüber gesprochen, wie sie am besten mit der Situation umgehen. „Wir haben überlegt, gehen wir über Handouts oder mache ich einen YouTube Livestream? Aber wie sich dann für mich rausgestellt hat: Ich bin kein YouTube-Star. Und die Vorstellung da zu sitzen, zu sprechen und live Fragen zu beantworten – das habe ich erstmal nicht gemacht.“

Das digitale Klassenzimmer heißt "Padlet“

Sie erstellt stattdessen eine eigene Internetseite, ein digitales Klassenzimmer, das so genannte „Padlet“. Dort veröffentlicht sie für die Schüler Texte, verlinkt Lernvideos und stellt Probeklausuren zur Verfügung. Die Schüler haben auch die Möglichkeit zu kommentieren, Fragen zu stellen und selber eigene Inhalte hochzuladen.

Lisa Schiller kommt gut mit dem Angebot zurecht. „Also ich mag das Padlet eigentlich ziemlich gerne. Ich finde es gut, dass man die Sachen so abrufen kann, vor allem weil die Lehrer die Themen gut gegliedert haben. Da kann man sich gezielt die Dokumente und Videos aussuchen, die man lernen möchte, und sie sind auch einfach zu verstehen.“

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Auch die Fünftklässler können gut mit dem System umgehen, zeigen unter anderem Umfragen, welche Anke Pötter für die Eltern online eingerichtet hat. Bis jetzt habe sich noch niemand beschwert. „Meine Erfahrung ist sehr positiv. Gerade die Kleinen fragen schon immer: „Gibt es jetzt heute die neuen Englisch- oder Erdkundeaufgaben?“ und sind da ganz eifrig. Bei den älteren war die Sorge, dass sie mit ihrer Vorbereitung nicht konsequent weitermachen. Deshalb hatte ich das Gefühl, man muss mit ihnen in Kontakt bleiben und das schlechte Gewissen vermitteln, also immer nochmal nachfragen, wie weit sie schon sind und was ich noch anbieten kann.“

Lehrerin findet Aufschub eine faire Reaktion

Vergangene Woche gab die NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer bekannt, dass die Abiturklausuren um drei Wochen nach hinten verschoben werden. Somit würden sie ab dem 12. Mai starten. Für Anke Pötter

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© dpa | Jonas Güttler

eine faire Reaktion auf die aktuellen Umstände: „Fairness spielt da sicher mit rein, weil man nicht in die Familien reingucken kann. Wir wissen nicht, was da los ist und wie ihr Zugang zu digitalen Medien ist. Sicher ist es fair, da mehr Lernzeit zu geben. Insbesondere weil man nicht absehen kann, welche psychische Belastungen da noch auf dem Einzelnen liegen. Aber ich glaube ein weiterer Grund ist auch, um sich den Rücken noch ein bisschen frei zu halten, weil wir ja nicht wissen, ob das Coronavirus die Schulen noch länger geschlossen lässt.“

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Auch die Schülerin Lisa Schiller ist zufrieden mit der Entscheidung. „Man hat mehr Zeit zu lernen und sich vorzubereiten. Es ist aber mittlerweile schwer zu vergleichen, was fair ist und was nicht mehr. Man kann jetzt gezielter lernen, aber nicht so effektiv, wie zum Beispiel face-to-face mit den Lehrern in der Schule. Ich denke auf jeden Fall, dass ich und auch viele andere unser Abi schaffen werden, aber es ist unsicher wann und wie genau die Prüfungen stattfinden werden.“ Ob die Abiturklausuren sicher ab dem 12. Mai geschrieben werden und unter welchen Bedingungen steht noch nicht fest. Für die Lehrerin Anke Pötter ist aber eins klar: Sie wird das digitale Klassenzimmer auch nach der Coronazeit weiter benutzen, „weil es einfach eine gute und einfache Möglichkeit ist, Dateien mit meinen Schülern zu teilen.“