Moers/Am Niederrhein. Nutrias graben große Röhren und Erdtunnel und perforieren damit Böden und Schutzwälle. Auch die Artenvielfalt am Niederrhein ist bedroht.

„Das Problem ist allgegenwärtig“, sagt Alfred Nimphius von der Kreisjägerschaft und runzelt die Stirn. Die Rede ist von Nutria, auch Biberratten genannt. Einst waren sie begehrte Pelzlieferanten, heute sind die Tiere wegen der Größe ihrer Erdbaue und Röhren und wegen ihres Appetits eine Plage für die niederrheinischen Landschaft. Inzwischen hat sich ein Arbeitskreis Nutria aus Vertretern des Kreises Wesel, der Deichverbände, der unteren Jagd- und der unteren Naturschutzbehörde sowie der Kreisjägerschaft gebildet. Denn Deiche, Gewässer und Vegetation leiden großen Schaden. Betroffen sind selbst kleinste Wasserläufe, Seen und Teiche auch im Raum Moers und Umgebung.

Alfred Nimphius berichtet vom ersten Treffen des Arbeitskreises, bei dem eine erste Bestandsaufnahme stattfand: „Die Lineg weiß beispielsweise von Beschwerden unter anderem in Hoerstgen, in Alpen sehr massiv an der renaturierten Alpschen Ley, in Rheinberg am Moersbach und in Neukirchen-Vluyn beinahe an jedem Wasserloch.“ Die Tiere kämen bis an die Terrassen und Gartenteiche und fräßen alles ab. Bekannt ist darüber hinaus schon länger, dass die Lineg bereits am Wasserlauf der denkmalgeschützten Schlosswallanlage in Moers große Schäden durch die Nutria-Baue und -Gänge feststellen musste. Der Wasserstand sinkt deutlich.

Nutrias bekommen dreimal im Jahr bis zu acht Junge

Nutrias sind gute Schwimmer und stammen aus Südamerika. Vor Jahren sind sie als Fremde (Neozon) vermutlich aus Pelzfarmen in Deutschlands Fauna eingewandert. „Sie haben bei uns keine natürlichen Feinde“, schildert der Fachmann. Bis zu zehn Kilo schwer könnten Nutria werden. Selbst ein Fuchs traue sich an ein erwachsenes, wehrhaftes Nutria nicht heran.

Noch ein Problem: Nutria bekommen dreimal im Jahr bis zu acht Junge. „Und das schon ab einem Alter von fünf Monaten“, weiß Nimphius. So werden ihre Baue und Röhren, die sie an Teichen und Flüssen anlegen, stetig größer und vielzähliger.

Die Eingangsröhre des Baus liege stets unter Wasser. Das führe dazu, dass die Deichverbände Alarm schlügen. Denn Rheindeiche würden von den dicken Röhren durchlöchert, der Hochwasserschutz sei gefährdet. Da Nutria obendrein alles Grüne mit Stumpf und Stiel abfräßen, fänden heimische Bodenbrüter auch keine Deckung mehr.

„Wir wissen, dass es anders nicht geht“

Beim ersten Treffen des Arbeitskreises kam auch die Zahl der bisher erlegten Nutria zur Sprache. „Von April 2018 bis Ende März 2019 wurden 1867 Nutria und 276 Bisamratten erlegt oder gefangen“, erklärt Nimphius. Alle seien sich jedoch einig gewesen, dass dies viel zu wenig sei. Auch Bisam arbeiteten an den Deichen, seien aber deutlich kleiner und machten daher weniger Schäden.

Beim nächsten Treffen des Arbeitskreises gehe es um konkrete Maßnahmen und Jagdformen, wie man die Nutria-Zahl eindämmen und die Art künftig kurz halten könne. „Das alles ist nicht immer einfach. Ich höre oft Klagen, dass Fallen von ahnungslosen Tierschützern zerstört werden“, berichtet Nimphius. Leider sei der Städter, der auf der Etage wohne, oftmals nicht bewandert in Themen des Naturschutzes.

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Die Kreisjägerschaft sei außerdem aktiv am Blühstreifen-Projekt im Kreis Wesel beteiligt. „Wir sind derzeit mit Landwirten im Gespräch, um Ackerstreifen zu pachten“, berichtet der Fachmann. Hintergrund sei der dramatische Rückgang von Insekten und damit aller Tierarten, die von ihnen lebten. „Blühstreifen ziehen Insekten an. Diese wiederum dienen den Jungen von Fasanen oder von Singvögeln als einzige Nahrung in den ersten Lebenswochen“, erklärt Alfred Nimphius. Bei diesen und ähnlichen Projekten arbeite die Jägerschaft eng mit den Naturschützern des Nabu zusammen.

„Wir wissen, dass es anders nicht geht“, sagt Alfred Nimphius Denn auch die Jäger hätten Interesse am Erhalt der Artenvielfalt.