Kamp-Lintfort. Bei einem Rundgang durch die City von Kamp-Lintfort fällt auf: Noch sind die meisten Geschäfte geöffnet. Aber viele Geschäftsleute sorgen sich.

Wenigstens der Frühling meint es gut: Auf den Außenterrassen im Café Prinz und im Café Extrablatt sitzen am Dienstagvormittag Menschen und genießen die Sonne, andere schlendern über den Wochenmarkt auf dem Prinzenplatz und kaufen ohne Hektik Blumen, Obst oder Gemüse. „Gut, dass wir Sie hier noch haben“, bedankt sich eine ältere Dame bei der Markthändlerin und packt ihren Einkauf zusammen. Nein, so schlimm wie im Supermarkt sei es auf dem Wochenmarkt sicher nicht, sagt der Kamp-Lintforter Landwirt Norbert Klanten, aber auch hier würden die Leute in den letzten Tagen deutlich mehr kaufen.

Was dem Spargelbauer mehr Sorge bereitet, ist die demnächst anstehende Spargelernte: „Wir wissen nicht, ob genügend Leute rüber kommen“, sagt Klanten und meint Erntehelfer aus Osteuropa. Für die vorbereitenden Arbeiten habe er genügend Helfer. Aber was danach komme, könne er noch nicht sagen: „Ich weiß von Kollegen, die überlegen, gemeinsam ein Flugzeug zu chartern, um Leute zu holen.“

Noch sind in der City nahezu alle Geschäfte geöffnet, auch Bekleidungsgeschäfte, das Sozialkaufhaus KadeDi oder die Buchhandlung am Rathaus. „Wir werden offen halten, so lange wir das dürfen“, sagt Mitinhaberin Birgit Kämmerer. „Das Geschäft ist ja unsere Existenz.“ Dabei hat sie gerade jetzt besonders viel zu tun: „Viele Schulen rufen an und ordern, Schüler brauchen noch Lektüren.“ Auch Mütter mit Kindern kämen verstärkt: „Viele sagen, dass sie gerade jetzt Lesefutter oder auch Lehrmaterialien für die Kinder brauchen, die nun für die nächsten fünf Wochen zu Hause sind.“

Immerhin: „Uns gibt es mittlerweile ja auch online (www.buchhandlung-kamp-lintfort.de), so können die Leute auch Bücher bestellen.“ Zusätzlich will die Buchhandlung am Rathaus jetzt einen Lieferservice innerhalb Kamp-Lintforts anbieten.

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An der Tür im Reisebüro Kios West hängt ein Schild, auf dem die Kunden darüber informiert werden, dass Buchungen mit Reisebeginn ab 1.5.2020 nicht bearbeitet werden können, da sich die Situation immer wieder ändere. „Wir sind im Schwebezustand, es kann sein, dass wir gleich ganz schließen“, sagt ein Mitarbeiter. Einige wenige andere Geschäfte verweisen auf telefonische Erreichbarkeit oder deutlich reduzierte Öffnungszeiten.

Ein Bild, das sonst um diese Zeit Seltenheitswert hat: Das Außengelände der Kita St. Josef ist verwaist. Im Awo-Seniorenzentrum an der Markgrafenstraße hängt an der Eingangstür ein Zettel mit der Bitte, bis auf weiteres auf den Besuch der Angehörigen zu verzichten.

Vor dem Rathaus haben sich gerade alte Bekannte getroffen – Holmer Hartmann (73) und Marianne (68) und Manfred Reis (66). Während ihres Plauschs gehen sie auf Distanz zueinander: „Ganz bewusst“, sagt das Trio. „Natürlich gehen wir noch vor die Tür, aber Abstand halten – das kann man ja leicht einhalten“, findet Manfred Reis. Überhaupt: „Für uns Rentner geht es derzeit ja noch. Wir kommen gut klar und machen jetzt das, was man immer aufgeschoben hat: Keller aufräumen oder den Garten.“ Anders sähe es für Familien mit Kindern aus, in denen beide Elternteile berufstätig wären. So auch bei seiner Tochter. Nachdenklich schüttelt das Vorstandsmitglied der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition den Kopf: „Da waren wir 40 Jahre unter Tage und müssen jetzt vor diesem kleinen Ding in die Knie gehen.“