Kamp-Lintfort. Im Kamp-Lintforter Kloster Kamp können Musikinteressierte gregorianischen Chorgesang lernen. Das kommt gut an – bei Männern und bei Frauen.

„Wir kriegen das hin, das klingt komplizierter als es ist.“ Seminarleiter Wolfgang Becker wischt alle aufkeimenden Selbstzweifel der sieben Männer und 20 Frauen im Kamper Rokokosaal energisch weg. „Singen Sie noch einmal das ,Venantium’.“

Erst seit zweieinhalb Stunden übt sich die Gruppe in gregorianischem Chorgesang, aber das Klang-Ergebnis verblüfft bereits: „Singen wie die Mönche“ ist das Seminar im Geistlichen und Kulturellen Zentrum überschrieben, das am Mittwoch Teilnehmer aus der ganzen Region nach Kamp-Lintfort gelockt hat.

Warum sich so viele Menschen in der heutigen Zeit ausgerechnet für diese uralte Form des Gesangs interessieren? „Sie bekommen eine Melodie, die direkt ins Herz geht“, glaubt Musikwissenschaftler Becker, der zum Thema promoviert hat. „Und sie können Abstand vom Alltag nehmen.“

Musikwissenschaftler Dr. Wolfgang Becker singt nicht nur vor, sondern vermittelt auch theoretisches Wissen.
Musikwissenschaftler Dr. Wolfgang Becker singt nicht nur vor, sondern vermittelt auch theoretisches Wissen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Zum zweiten Mal hatte das Zentrum Kloster Kamp zum Seminar geladen, nachdem die Premiere im vergangenen Jahr erfolgreich war. Auch der zweite Kurs ist ausgebucht, ein dritter Termin bereits für November terminiert.

Vorkenntnisse sind nicht erforderlich

Kann jeder „singen wie die Mönche“? Im Prinzip ja, sagt Becker, der in Recklinghausen eine Schola leitet. „Erst einmal geht es darum, ein Gefühl dafür zu entwickeln.“ Während des vierstündigen Seminars vermittelt er deshalb auch theoretisches Wissen darüber, wie gregorianische Choräle entstanden, wie sie historisch und kirchlich einzuordnen sind, wie man deren besondere Notation und den lateinischen Text lesen und dann auch singen muss. Vorkenntnisse seien dafür nicht unbedingt erforderlich, sagt Becker: „Singen kann jeder, es geht bei dem Kurs ja am Ende nicht um ein Konzerterlebnis. „

Wohl aber auch darum zu erleben, wie sich gregorianischer Chorgesang an einem dafür geradezu prädestinierten Ort anfühlt und anhört: Am Ende des Tages geht es für die Teilnehmer zum Singen ins Chorgestühl der Abteikirche. Und tatsächlich klingt das eingeübte Repertoire im Kirchenschiff voller und erhabener.

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Ist gregorianischer Chorgesang nicht eigentlich eine reine Männersache? „Mitnichten“, sagt Wolfgang Becker, „das ist auch historisch nicht zu belegen.“ Sieben Frauen und fünf Männer sind für Becker beispielsweise die Idealbesetzung einer Schola.

Auch den Rheinberger Ulrich Behrens hat das ungewöhnliche Angebot gereizt: „Eigentlich bin ich ja ein heimlicher Sänger ohne Chor im Wald, aber das macht mir sehr viel Spaß.“

Das nächste Seminar „Singen wie die Mönche“ ist am 18. November. Anmeldung ab Aschermittwoch unter 02842/927 54