Kamp-Lintfort. Beim Labrador-Rüden kommt Jeannette Fischer ins Schwärmen, dabei ist es gar nicht ihr Hund. Vor einem bestimmten Tag hat sie jetzt schon Angst.
Bei Gordon kommt Jeannette Fischer richtig ins Schwärmen: „Das ist ein toller Kerl. Er ist intelligent und er ist ein Kampfschmuser.“ Mindestens zwei Mal in der Woche holen sie und ihr Mann den braunen Labrador in der Tierherberge Kamp-Lintfort ab und machen die große Runde. Oft zum Wald am Kloster Kamp, gerne mal die Halde hoch, im Sommer auch in einen Park mit einer kleinen Pause auf der Decke im Schatten.
Wer den unaufgeregten 10-jährigen Rüden kennenlernt, hat das Gefühl, der Maulkorb habe auf seiner Schnauze eigentlich nichts zu suchen. Aber: „Der kann auch anders. Das Risiko ist viel zu hoch“, sagt Tierpflegerin Jessica Hinchado-Gomez. Deshalb wird die Tierherberge auch Gordons letzte Station sein. Vermittelt wird er nicht mehr.
Der Maulkorb macht den Fischers nichts aus. Kuscheln geht auch so. Sie haben den Labbi seit drei Jahren ins Herz geschlossen, sehr sogar. Freitags und sonntags ist fester Gassigeh-Termin. „Früher sind wir schon mal an den Wochenenden weg gefahren. Das ist jetzt ein ganz anderes Thema. Da käme ich mir schuldig vor“, gesteht Jeannette Fischer. Dass das Dream-Team zusammengefunden hat, war eher Zufall.
Kamp-Lintfort: Ohne Vorstellung zur Tierherberge gefahren
Ohne feste Vorstellungen und auch ohne viel Hundeerfahrung ist das Paar zur Tierherberge gefahren, um seine Dienste als Gassigeher anzubieten. Für die Anfänger gab es erstmal eine ältere, blinde Yorkshire-Dame. Dann kam Toby, ein mittelgroßer Mix. Nach sechs oder acht Wochen mit den Fischers als Gassigänger wurde er vermittelt. Eigentlich ein Grund zur Freude. „Aber wir haben schon geschluckt, man gewöhnt sich schnell an so ein Tier“, erklärt Jeannette Fischer.
Noch schneller haben sie sich an Gordon gewöhnt. „Das hat einfach gepasst mit uns“, findet die 47-Jährige, die für das Ehrenamt extra aus Orsoy anreist. Für sie fängt ein „richtiger Hund“ ohnehin erst ab Kniehöhe an. Ein eigener Hund kommt bei den Fischers nicht in Frage, weil beide voll berufstätig sind. „So ist das eine Win-win-Situation. Der Hund freut sich und wir freuen uns auch“, findet die Chefarzt-Sekretärin. Außerdem sei die Bewegung an der frischen Luft nach einem harten Büroalltag einfach gesund und entspannend.
Das Gassigehen muss irgendwie in den Genen liegen. Schon der Großvater tat es für das Duisburger Tierheim. „Er hat immer so einen Spaß daran gehabt.“ Die Entscheidung für die Tierherberge sei auch deshalb gefallen, weil einem dort der Anfang leicht gemacht wird. „Es reicht der Personalausweis als Sicherheit. Anfänger kriegen dann eben einen leichten, unkomplizierten Hund und ein paar Hinweise. Und wenn gerade kein einfacher Hund da ist, können die Leute ja auch erstmal Katzen kuscheln“, erklärt Jessica Hinchado-Gomez. Und bei komplizierteren Vertretern passiert es im Idealfall so wie bei Gordon: Bis zum Sommer noch hat Jeannette Fischer regelmäßig mit ihm die Hundeschule besucht.
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Zwar hatte der Vierbeiner von Anfang an einen guten Grundgehorsam, aber das heißt ja nicht, dass das das Ende der Fahnenstange ist. Spaß hat es Gordon auf jeden Fall gemacht: „Er lernt ziemlich schnell.“ Und er lernt noch schneller, wenn es dafür Leckerlis gibt, oder mal Fleisch- oder Leberwurst vom Himmel fällt. Zum Beispiel hat er gelernt, nicht irgendwelches Zeug, das ein Giftköder sein könnte, einfach zu fressen. Der Versuch, es mal mit Möhren als Belohnung zu probieren, ist kläglich gescheitert.
Eintauschen gegen einen anderen, noch so schönen Hund möchte Jeannette Fischer den Labbi nicht. Und an den Zeitpunkt, wenn Gordon das Tierheim verlassen muss, möchte die Gassigeherin nicht denken. „Irgendwie ist er ja unser Hund.“ Das funktioniert also auch bei Gassi-Hunden.