Moers. Die Ausstellung „Du Jude!“ in Moers beschäftigt sich mit dem alltäglichen Antisemitismus. Bürgermeister Fleischhauer wählte eindringliche Worte.

Eindringlichere Worte dürfte Bürgermeister Christoph Fleischhauer noch nie bei einer Ausstellungseröffnung gewählt haben. „Ich bedauere es, diese Ausstellung eröffnen zu müssen“, sagte der Bürgermeister am Donnerstag, während er im Foyer des Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrums stand, eingerahmt von 15 Schautafeln, die den Grund seines Bedauerns zeigen. Teilweise beidseitig bedruckt, dokumentieren sie den stets vorhandenen, alltäglichen Antisemitismus in Deutschland. „Du Jude!“ heißt die Wanderausstellung, die seit Anfang 2019 quer durch die Republik reist, um zu verdeutlichen, wie sehr die Judenfeindlichkeit in der Gesellschaft schwelt.

Nüchtern und eindringlich zugleich zeigt sie den Weg des Hasses von der Frühzeit in die Neuzeit, vom Mittelalter über Martin Luther und die deutschen Philosophen Fichte, Hegel und Heidegger bis zu den Schulhöfen in Deutschland, auf denen „Du Jude!“ immer häufiger zu hören ist – als Schimpfwort...

Bürgermeister Fleischhauer nennt den Kampf gegen Antisemitismus eine „Daueraufgabe“

Auf anderen Plakaten stehen Zitate von Alexander Gauland und Björn Höcke, die den Nationalsozialismus einen „Vogelschiss“ oder das Holocaust-Mahnmal in Berlin ein „Denkmal der Schande“ nennen. Auch Sänger Xavier Naidoo, der 2014 auf einer Demonstration der Reichsbürger auftrat, findet sich auf einem Plakate wieder. Ob Musik, Sport, Schule oder Politik – sämtliche Bereiche der Gesellschaft leuchtet die Ausstellung auf Antisemitismus aus. Und überall wird sie fündig.

Allein wegen dieser Latenz sei es notwendig, „zu mahnen und zu erinnern“, so Bürgermeister Fleischhauer. „Das bedauere ich.“ Gleichzeitig lobte er die Arbeit der Vereine und Institutionen in Moers, die sich für Toleranz, Vielfalt und Demokratie und gegen Vorurteile, Hass und Fremdenfeindlichkeit einsetzen. Es werde immer Antisemitismus auf der Welt geben, sagte der Bürgermeister, umso mehr „muss es Daueraufgabe sein, dagegen aufzubegehren“. Und genau dort setzt die Ausstellung an.

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Der Antisemitismus sei „tief in der DNA unserer Gesellschaft“ verankert, sagte der katholische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Moers, Pfarrer Martin Behnisch Wittig, deutlich, der die Ausstellung gemeinsam mit dem Fachbereichsleiter der VHS, Dr. Ulrich Steuten, nach Moers geholt hat. Deshalb brauche man einen langen Atem, um gegen diese Gesinnung zu kämpfen.

Die Ausstellung solle zum Nachdenken anregen, so der Pfarrer. Zum einen über das Problem als solches. Zum anderen über den eigenen Standpunkt. Schließlich, so Behnisch Wittig, könne es ja durchaus sein, dass mancher das Problem unterschätzt.

>>> Eine stark nachgefragte Ausstellung
Die Ausstellung „Du Jude!“ ist noch bis Mitte Februar im Foyer des Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrums an der Wilhelm-Schröder-Straße 10 zu sehen.

Sie wurde von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Köln entwickelt. Die insgesamt 21 Roll-Plakate richten sich an alle Altersklassen, wurden aber vor allem für Schüler und jüngere Erwachsene konzipiert.

Seit sie Anfang 2019 an den Start ging, ist die Ausstellung so stark nachgefragt, dass es mittlerweile zwei Exemplare gibt, die für jeweils vier Wochen verliehen werden.