Moers. Aus einem maroden Wohnhaus aus der Oranierzeit in Moers wird ein wahrer Schatz. Nur bei den Schuttcontainern haben sich die Bauherren verrechnet.

„Das ganze Haus hat gewackelt, wenn draußen ein Auto vorbeifuhr“, beschreibt Marianne Hostermann den Zustand des Gebäudes Fieselstraße 6a beim Kauf der Ruine. Zehn Jahre hatte sie da leergestanden, keiner wollte das völlig marode Gebäude aus der Oranierzeit haben. Bis auf Marianne und Peter Hostermann.

Der ehemalige Stadtarchivar gesteht: „Wir lieben altes Gemäuer.“ Nach den drei erworbenen und bereits komplett sanierten Denkmälern Fieselstraße 30 bis 34a gelangt nun auch am anderen Ende der Straße ein altes Schätzchen durch privates Engagement zu neuen Ehren. Es gibt Vermutungen, dass es sich bei dem Haus um eine alte Ölmühle um 1600 handeln könnte.

Strahlend weiß sind die Innenräume, Balken werden wieder sichtbar.
Strahlend weiß sind die Innenräume, Balken werden wieder sichtbar. © FFS | Erwin Pottgiesser

Was sich im Inneren des Gebäudes über viele Monate getan hat, grenzt an ein Wunder: „Wir mussten erst einmal das Korsett des Hauses stabilisieren. Denn Häuser von damals hatten kaum Anker, die Statik ist fragil. Diese Bauten sind üblicherweise nur durch eine gemeinsame Mauer mit dem Nachbarhaus gesichert, was wir hier ändern mussten“, schildert Gerd Hostermann. Im Innern wurden unter anderem die alten Decken durch neue ersetzt, die Böden saniert, Wände und Balken eingezogen. Einen Keller gab es nicht. „Den haben wir mit Eimern von Hand wie die Bergleute ausgeschachtet“, so Peter Hostermann.

Für eine Sanierung in dieser Art braucht es Fachleute, die sich mit sowas auskennen. „Das Wissen über altes Handwerk ist oft verloren gegangen“, so Peter Hostermann. Möglich machte das kleine Wunder an der Fieselstraße vor allem ein bewährtes Team: Architekt Gerd Hostermann, dessen Spezialgebiet Denkmäler sind, sowie Bauunternehmer Andreas Skopien. Skopien kann aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen: „Er hat 25 Jahre alte Gebäude in Krakau restauriert“, erklärt Gerd Hostermann. „Er und seine Familie scheuen nicht vor solch großen Aufgaben zurück. Sie konnten ja nicht mal einen Kran oder Bagger einsetzen.“ Und: „Wir hatten anfangs mit 50 Großcontainern Schutt gerechnet. Dann wurden es aber 127“, schmunzelt Gerd Hostermann.

Ein Kompliment aus der Behörde

Peter Hostermann vergisst nicht, der Unteren Denkmalbehörde und anderen zuständigen Stellen bei der Stadt für die Zusammenarbeit zu danken. Das Kompliment gibt Gudrun Rapp von der Unteren Denkmalbehörde gern zurück: „Die Stadt freut sich über Liebhaber alter Häuser. Diese Gebäude ziehen viele Leute aus dem Umland an“, weiß sie den ideellen Wert der sanierten Schätzchen zu schätzen.

Nachhaltigkeit ist für die Altbau-Macher ein alter Hut. Ihr Wahlspruch: „Wi smette nix wech!“ So sicherte sich Hostermann aus einem anderen Abriss ein altes Bodenfliesen-Mosaik für sein Projekt, das nun im Flur an der Fieselstraße prangen darf. Ähnliches gilt für die im Innern des Raumes schließenden alten Fensterläden. Oder die Ziegelsteine von einstigen Zimmerwänden des maroden Baus: „Die haben wir für neue Kellerwände verwendet. Und die sehen ja auch noch schön aus“, meint Peter Hostermann. Nicht zu vergessen die alte Eichen-Haustür von 1850. Sie wurde von einem Fachmann in Geldern in Einzelteile zerlegt, aufgearbeitet und ziert nun, schön dunkelrot lackiert, die Fassade an der Fieselstraße.

Auch interessant

Das Haus verfügt über drei Wohnungen auf drei Ebenen. „Wobei unsere Tochter die zweite bewohnt“, berichtet Peter Hostermann. Alle drei Wohnungen sind etwa 60 Quadratmeter groß, modern, hell und altengerecht ausgebaut. Auch einen Fahrstuhl gibt es. „Wir finden die Sichtachsen besonders schön. Hinten hinaus sieht man bis in den alten Schlosspark, vorne geht der Blick Richtung Kastell“, ist Peter Hostermann zufrieden mit dem Werk.