Moers. „Ich habe seinen Kopf gehalten“: Ein Augenzeuge sah am Samstag den Streit in der Moerser Innenstadt. Vier Beschuldigte sitzen nun in U-Haft.
Ruhig ist es am Sonntagmorgen auf der Homberger Straße unweit der Ecke zur Klever Straße. Fast nichts deutet mehr darauf hin, dass es hier vor einem Kiosk am Samstagabend zu einem Streit gekommen ist, bei dem ein Mann getötet wurde. Hier und da schauen Menschen aus ihren Geschäften, stehen zusammen, tuscheln. Am Tatort ist nur noch ein nasser Fleck auf dem Asphalt zu sehen. Die Betreiber des Ladens durften jetzt offensichtlich die letzten Spuren wegputzen.
„Es gibt hier immer Palaver“, sagt einer der Nachbarn. Er habe aber nichts gesehen. Ein anderer Augenzeuge berichtet, dass es auch am Samstag wieder Streit gegeben habe. Gegen 18 Uhr sei das gewesen. „Da dachte ich: wie immer“, sagt der Mann. Wie die Polizei in der Nacht zum Sonntag mitgeteilt hatte, ist es „im Bereich der Homberger Straße vor einem Kiosk zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Personengruppen gekommen.“ Dabei ist einer der Beteiligten tödlich verletzt worden.
Nach Angaben der Polizei eskalierte der Streit auf offener Straße aus zunächst ungeklärter Ursache. Mindestens zwei weitere Beteiligte seien bei der Auseinandersetzung in der Nähe des Bahnhofs verletzt worden, hieß es weiter. Lebensgefahr bestehe bei ihnen nicht.
Das spätere Opfer habe gegen halb sieben im Kiosk eingekauft, sagt der Augenzeuge: Alkohol, Zigaretten, sowas. Dann habe er auf der Straße „gechillt“ und getrunken. „Gegen 20 Uhr höre ich dann mehrere Leute, die sich verprügeln“, berichtet der Augenzeuge weiter, und dass ein Auto angefahren kam, mit vier Leuten drin. Ein Hund soll ebenfalls dabei gewesen sein.
Ob es sich dabei um das gleiche schwarze Fahrzeug handelte, das bereits beim Streit zuvor am Tatort gesehen wurde, ist unklar. Der Mann spricht auch davon, dass Messer im Spiel waren.
Duisburger Mordkommission ermittelt in Moers
Der verletzte Mann sei dann vor dem Laden zusammengesackt. „Ich habe mein T-Shirt ausgezogen und auf die Wunde gedrückt“, sagt der Augenzeuge, der offensichtlich schnellstens erste Hilfe geleistet hat. „Ich habe seinen Kopf gehalten.“ Ein zweiter Mann hätte ihm bei der Versorgung geholfen. „Dann kam der Krankenwagen.“ Ein Hubschrauber ist etwa eine Stunde lang über dem Tatort gekreist, was in den sozialen Medien für einen regen Austausch gesorgt hatte.
Die Identität des Getöteten, die Hintergründe und der Verlauf der Auseinandersetzung waren am Sonntagmorgen aber noch weitgehend unklar. Laut Polizei wurden mehrere Personen noch am Abend festgenommen, deren Tatbeteiligungen noch geklärt werden müssten. Die Duisburger Mordkommission hat die Ermittlungen aufgenommen.
Staatsanwalt beantragt Haftbefehle
Wie der zuständige Staatsanwalt am frühen Sonntagabend auf NRZ-Anfrage sagte, hat er gegen vier Beschuldigte Haftbefehle beantragt wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei. Es sei aufgrund der unübersichtlichen Situation schwierig zu ermitteln, wer von den vier Personen zugestochen habe, erklärt er weiter. Deswegen habe man bisher keinen dringenden Tatverdacht gegen eine bestimmte Person festlegen können.
Das Gericht hat im Verlauf des frühen Abends Haftbefehle erlassen. Die vier Beschuldigten sind in Untersuchungshaft genommen.
Es sei grundsätzlich von vier Personen auszugehen, sagt der Staatsanwalt. Demnach könnte es zwar sein, dass ein Fünfter beteiligt war. Das scheint aber derzeit eher unwahrscheinlich.
Im Zuge der Fahndung ist eine Frau vernommen worden, die in einem schwarzen Auto unterwegs gewesen ist, bei dem es sich um das Fahrzeug vom Tatort handeln könnte. Nach Angaben des Staatsanwaltes ist sie vernommen worden. Es habe aber keine Anhaltspunkte gegeben, dass sie in die Tat involviert war.
Hauseigentümer aus Moers erhebt Vorwürfe
Ein Hauseigentümer, der sich am Sonntagmorgen ebenfalls einen Eindruck von der Lage gemacht hat, schimpft darüber, dass er seit etwa anderthalb Jahren bei verschiedenen Stellen anmahne, dass „hier ein massiver Drogenhandel stattfindet“, wie er sagt. Er sei diesbezüglich mit der Polizei in Kontakt getreten sowie mit dem Landeskriminalamt.
Resultat: nichts. „Kein Personal, keine Zeit“, sagt der Hauseigentümer über die Antworten, die er bisher bekommen hat. Für ihn ist aber klar, dass man den Straßenabschnitt überwachen muss. Jetzt will er sich an den Moerser Bürgermeister und den Landrat des Kreises Wesel wenden.