Kamp-Lintfort. Kinder lernen, wie man aus Pflanzen Farben herstellt. Die Idee stammt aus dem Projekt Sevengardens, das auch bei der Laga 2020 eine Rolle spielt.
Zitronen liegen auf einem Tablett, in einem bauchigen Glas leuchtet Rote-Beete-Saft. Mit einer Küchenreibe reibt Andrea Much frische Kurkumawurzel auf einen Teller. Ein Kochkurs? Mitnichten. Seit Montag dreht sich beim Ferienworkshop „Rot-, Blau-, Gelb-Tage“ alles um die wunderbare Welt der Farben. Das Besondere: Die Farben, mit denen die Jugendlichen malen, stellen sie unter Anleitung von Kunsttherapeutin Andrea Much und Literaturpädagogin Helga Krauskopf selbst aus Pflanzen her.
Auf einer Wäscheleine trocknen in Rote-Beete-Saft getauchte Filzläppchen. Daraus lassen sich später Filzstifte, sogenannte „Pezettis“ machen, erklärt Helga Krauskopf. In diesem Fall sind die roten Läppchen aber für die große Farbcollage gedacht, die künftig die Mediathek verschönern und zugleich Werbung für das Projekt „Sevengardens“ des Essener Künstlers Peter Reichenbach machen soll. Eine Basisidee von Sevengardens: Über die Herstellung von Naturfarben aus Färberpflanzen nachhaltige Bildungsprojekte zu entwickeln.
Wieviel von dem, was an der Obst- und Gemüsetheke im Supermarkt oder in der Natur zu finden ist, tatsächlich zu Farbe gemacht werden kann, ist für die meisten Kinder eine ganz neue Erfahrung. An diesem vorletzten Workshoptag, das ist leicht an den kleinen Künstlerhänden zu erkennen, steht die Farbe Gelb auf dem Plan. Mit einem Mörser, etwas Wasser und ein bisschen Alaun für die bessere Haltbarkeit der Farbe wird die geriebene Kurkumawurzel so lange bearbeitet, bis sich die Farbstoffe aus der Pflanze gelöst haben. „Die Kinder lernen hier auch eine Menge über Chemie und Physik“, sagt Andrea Much.
Helga Krauskopf ist über Peter Reichenbach selbst zur Beschäftigung mit Färberpflanzen gekommen und nach einer Weiterbildung eine der Mediatoren für das Projekt. Was sie daran fasziniert? „Dass die Arbeit immer anders ist. Es ist jedes Mal ein Erlebnis“, sagt die 61-Jährige, die auch an der Ebertschule ein solches Projekt initiiert hat.
Auch Künstlerin und Kunsttherapeutin Andrea Much ist Sevengardens-Mediatorin und von der Vielfalt der Möglichkeiten angetan. Zum einen sei die einfache Art der Farbgewinnung verblüffend, so Much. Für sie als Künstlerin zählt aber auch, dass die Pflanzenfarben sich erheblich von Acryl- oder Ölfarben unterscheiden: „Es sind lebendige Farben.“
Dazu kommt: „Wenn ich nächste Woche aus einem anderen Rotkohl Farbe mache, gibt das wahrscheinlich wieder ein ganz anderes Rot.“ Kombiniert mit Zitrone, Gallseife, Asche oder Kalk entstehen im Zusammenspiel weitere neue Farbtöne: „Es ist immer auch ein großes Experiment.“
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Im Landesgartenschau-Jahr wird es über Kamp-Lintfort verteilt 17 Sevengardens-Projekte geben, Andrea Much und Helga Krauskopf werden sich an einigen beteiligen.