Moers. Der Autor mit Ost- und West-Vergangenheit stellt sein Buch vor. Die Begegnungen in Moers beschreibt er mit zwei markanten Begriffen.
In eine Schublade gesteckt zu werden, das mag ja niemand. Die Gefahr ist einfach zu groß, nicht als Persönlichkeit, sondern als Abziehbild wahrgenommen zu werden. Martin Ahrends (68) wird aber immer noch oft „einsortiert“, wie er es nennt. Davon konnten sich am Dienstag und Mittwoch Menschen in Moers ein Bild machen.
Auf Einladung des Neuen Evangelischen Forums war er am Dienstag im Haus am Schwanenring und am Mittwochmorgen an der Geschwister-Scholl-Gesamtschule zu Gast. Das Forum erinnert in mehreren Veranstaltungen an den Fall der Berliner Mauer vor 30 Jahren. Ahrends, freier Autor, hat ein 2015 erschienenes Buch herausgegeben, in dem die Durchdringung von Familien in der DDR durch die Spitzel des so genannten Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) dargestellt wird. Er ist in der DDR aufgewachsen, kam 1984 nach einem Arbeitsverbot in der DDR in die Bundesrepublik Deutschland.
Mancher sieht ihn als Verräter an der DDR
Zum Abschluss seines Besuches in Moers kam er zu einem Gespräch in die NRZ-Redaktion im Medienhaus am Königlichen Hof. Die Sache mit der Schublade spielt für ihn besonders dann eine Rolle, wenn er im Osten Deutschlands unterwegs ist. Dann gelte er oft als jemand, der die DDR im Stich gelassen habe. Mehr noch: „In den Augen von älteren Menschen bin ich jemand, der gegangen ist und die, die geblieben sind, ins Unrecht setzt.“
Dagegen begegneten ihm am Niederrhein Offenheit und Interesse: „Man muss offenbar über den Rhein fahren, um so etwas zu erleben.“ An der Schule habe er zum Beispiel eine „wunderbare Normalität“ erlebt. Nach seinen Begegnungen habe er hier nicht das Gefühl, „einsortiert zu werden“. Mit Blick auf Fronten in unserer Gesellschaft sagt er: „Man muss den Blick offen halten für die, die ideologisch anders denken.“
Martin Ahrends (Hg.), Verführung, Kontrolle, Verrat. Das MfS und die Familie, Metropol-Verlag 2015, ISBN: 978-3-86331-245-9.