Kamp-Lintfort. Sidney Lewandowski spricht im Interview über wichtige Wahlkampfthemen und einen Kandidatur der Linken für das Bürgermeisteramt.
Wie es die Linken im nächsten Jahr mit der Bürgermeisterwahl halten wollen, was es in Kamp-Lintfort aus ihrer Sicht Dringendes zu tun gibt und wie man Punkte des kürzlich gemeinsam unterschriebenem Klimapapiers umsetzen könnte, darüber spricht der Chef der Kamp-Lintforter Linken Sidney Lewandowski im Interview mit der NRZ.
Herr Lewandowski, wen wünschen Sie sich 2020 als Bürgermeister von Kamp-Lintfort?
Lewandowski: Ich habe die Vermutung, dass Christoph Landscheidt nicht mehr antreten wird. Ich wünsche mir natürlich am meisten jemanden aus der eigenen Partei.
Das heißt im Umkehrschluss, dass die Linken einen eigenen Kandidaten aufstellen?
Die Linken werden auch einen Kandidaten aufstellen, ja.
Steht der schon fest?
Nein.
Könnten Sie sich das für sich vorstellen?
Das ist alles noch offen, ich denke, die Mitglieder werden das entscheiden.
Wann wird das soweit sein?
Ich denke, noch in diesem Halbjahr.
Rechnen Sie damit, dass die AfD in den Kamp-Lintforter Rat einzieht?
Wenn sie Kandidaten aufstellen – ja. Ich vermute, der Stand der Dinge wird so sein, dass sie in den Rat kommen.
Was macht sie so sicher?
Das zeigt der Blick auf die Wahlergebnisse. Aus meiner Sicht sind die Ergebnisse der letzten Europawahl sehr erschreckend. Wenn AfD-Kandidaten antreten, werden sie meist gewählt. Das nicht über Inhalte, sondern einfach nur aus Protest, leider.
Wie würde die Linke in Kamp-Lintfort damit umgehen?
So, wie wir auch auf Kreisebene damit umgehen. Keine Zusammenarbeit, keine Gespräche – einfach ignorieren. Da kommt inhaltlich einfach nichts Sinnvolles zustande. Wir möchten nichts mit Rechtspopulisten zu tun haben.
In Bremen gibt es die erste rot-rot-grüne Regierung im Westen. Können Sie sich das auch für Kamp-Lintfort vorstellen?
Ich persönlich bin da recht offen, in der Fraktion und bei den Mitgliedern sehe ich aber keine Stimmung dafür.
Der meiste Gegenwind im Rat kommt von den Linken. Bei den Entscheidungen zum Thema Kies und zum Thema Klima sind auch die Linken mitgezogen. Warum?
Beim Thema Kies: Ich finde bürgerschaftliches Engagement richtig wichtig. Ich finde es erschreckend, dass die Leute im Wickrather Feld zum dritten Mal kämpfen müssen. Diesen Kampf wollen wir unterstützen. Beim Thema Klima kann ich ganz klar behaupten, dass das alles durch die Linke gekommen ist. Der Bürgermeister war ja nicht ganz dafür, das Klimanotstand zu nennen, da sind wir mitgezogen. Uns war zum Beispiel wichtig zu sagen: ja, es herrscht Klimanotstand. Das ist leider nicht ganz rübergekommen. Aber wir wollten es nicht an der Begrifflichkeit festmachen, uns ging es dann um die Sache. Erschreckend fand ich, dass die Grünen den Begriff Klimanotstand selber nicht für wichtig erachten.
Wie kann man in Sachen Klimaagenda gewährleisten, dass die in dem Papier stehenden Schritte auch umgesetzt werden?
Zum Beispiel in dem in jeder Drucksache der Verwaltung nicht nur drinsteht, was etwas kostet, sondern auch der Umweltaspekt beleuchtet wird. Das Papier ist ein Grundstein, ein Fundament. Wir werden demnächst zu verschiedenen Themen noch einmal einzelne, sachbezogene Anträge stellen. Zum Beispiel was die Klimabilanz der Stadtwerke angeht. Wenn ich auf die Abrechnung schaue, sehe ich immer noch einen großen Teil Braunkohle- und Atomstrom. Das möchte ich gerne weghaben. Die Stadt hält 51 Prozent der Anteile an den Stadtwerken. Es reicht für mich nicht, Anteile an einem Windpark in der Nordsee zu haben. Auch da muss investiert werden.
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Freuen Sie sich auf die Landesgartenschau?
Ja, es wird viel los sein in der Stadt und auch ich werde sicher des Öfteren die Laga besuchen. Die Laga wertet die Stadt auf, Kamp-Lintfort kann zeigen, was es zu bieten hat.
Was wird nach der Laga bleiben?
Ein attraktives Mischgebiet auf dem ehemaligen Zechengelände, und ich hoffe natürlich, dass dort auch sozialer Wohnungsbau entsteht. Dass für jeden Bürger, jede Bürgerin dort etwas entsteht – sowohl zum Wohnen, als auch was Freizeitgestaltung angeht. Aber auch ein Leuchtturmprojekt über Kamp-Lintfort hinaus, das zeigt, was aus einer alten Zechenbrache werden kann.
Wo besteht akuter Handlungsbedarf in der Stadt?
Beim Wohnungsbau. Das werden wir sicher auch im Wahlkampf thematisieren. 1997 hatten wir rund 5000 Sozialwohnungen, heute sind es laut Anfrage der Links-Fraktion 1300. Ein Rückgang seit 20 Jahren um 72 Prozent. Wenn wir das anmahnen – etwa im Neubaugebiet rund um das Diesterwegforum – sagt die Verwaltung immer, es gebe keine Investoren. Das finde ich schade.
Was könnte man denn aus Ihrer Sicht dagegen machen?
Wir sagen ganz klar: Diese 5000 Wohnungen müssen eine Zielmarke sein. Das könnte man durch eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft erreichen. Da muss die Stadt investieren und selber Wohnungen bauen. So kann die Stadt Herr der Situation werden.