Moers. Der Online-Supermarkt Picnic hat eine Station in Moers eröffnet. Dass das Start-up ohne Liefergebühr auskommt, hat gleich mehrere Gründe.

In der Grafenstadt buhlen nicht weniger als 31 Supermärkte und Discounter um Kundschaft. Für die Versorgung der Moerserinnen und Moerser sollte das eigentlich reichen. Dennoch hat jetzt Supermarkt Nummer 32 eröffnet – der sich freilich in zwei Punkten fundamental von den anderen unterscheidet: Sein „Ladenlokal“ passt in jede Hosentasche, und der Einkauf wird dem Kunden nach Hause geliefert.

Die Lebensmittel sind in Kisten verpackt, die ihrerseits in Rollregalen hängen. So werden sie in die „Runner“ geschoben.
Die Lebensmittel sind in Kisten verpackt, die ihrerseits in Rollregalen hängen. So werden sie in die „Runner“ geschoben. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Picnic nennt sich das Geschäft, es ist ein reiner Online-Lebensmittelmarkt. Seit zwei Wochen ist die Verteilstation – bei Picnic „Hub“ genannt – im Gewerbegebiet Hülsdonk in Betrieb. Nach Angaben von Frederic Knaudt, einem der drei Gründer der Firma, werden im Moment rund 500 Moerser Haushalte von hier aus beliefert. Weitere 5000 Anfragen liegen vor.

Bestellt wird über die Picnic-App, die die Kunden auf ihre Smartphones laden. Dort können sie laut Knaudt aus 10.000 Artikeln wählen, Gemüse, Brot, Müsli, Milch und Babynahrung, auch Tiefkühlkos gehört dazu, selbst Wasch- und Spülmittel befinden sich im Sortiment, „eben alles, was man so im Supermarkt kaufen kann“, sagt Knaudt. Die Bestellungen landen im Zentrallager in Viersen, dort werden auch schon die Kisten für jeden Kunden gepackt, rote für normale Ware, schwarze für Kühl- und Tiefkühlware. Von dort geht’s zu den Hubs.

Auch die Elektrovans sind auf Effizienz getrimmt

Wie alles bei Picnic sind die selbst entwickelten Auslieferungsfahrzeuge – im Firmenjargon „Runner“ – auf Effizienz getrimmt. Die in Rollregalen nach Hülsdonk angelieferten Kisten werden einfach in die schmalen Elektrotransporter geschoben. Die Flitzer verfügen links und rechts an ihrer Ladefläche über Rollladen, so dass die Fahrer die Ware einfach an der Seite herausziehen können, ohne ins Auto hineinsteigen zu müssen: „Das spart Zeit“, erläutert Frederic Knaudt, der im Übrigen verspricht: „Unsere Leute bringen die Ware in die Wohnung, auch wenn sie in der fünften Etage liegt.“

Frederic Knaudt (Mitte) und Manuel Stellmann (rechts daneben), beide Mitgründer von Picnic, präsentierten in diesen Tagen Bürgermeister Christoph Fleischhauer (4. von links) und Wirtschaftsförderer Jens Heidenreich (links daneben) den 200. Elektrovan des Unternehmens.
Frederic Knaudt (Mitte) und Manuel Stellmann (rechts daneben), beide Mitgründer von Picnic, präsentierten in diesen Tagen Bürgermeister Christoph Fleischhauer (4. von links) und Wirtschaftsförderer Jens Heidenreich (links daneben) den 200. Elektrovan des Unternehmens. © Picnic

Der 33-Jährige spricht von einem „rasanten Wachstum“ des 2015 in den Niederlanden gegründeten Unternehmens. Seit April vergangenen Jahres ist Picnic in Deutschland am Markt und beliefert nach eigenen Angaben 38.000 Haushalte zwischen Düsseldorf, Krefeld, Viersen und Moers und seit dieser Woche in Duisburg. 200 Liefervans sind an sechs Tagen pro Woche unterwegs, in Moers sind es derzeit 15, die die Kunden in der Grafenstadt, in Kamp-Lintfort und Rheinhausen anfahren. Ein Geheimnis des Erfolges sieht Knaudt in dem Umstand, dass Picnic – bei einem generellen Mindestbestellwert von 25 Euro – keine Liefergebühr verlangt und gleichzeitig verspricht, die günstigsten Preise am Ort zu bieten. Möglich sei dies aus verschiedenen Gründen. Erstens muss Picnic weder Verkaufspersonal noch Ladenmieten bezahlen, zweitens, so Knaudt, werfe man weniger Lebensmittel weg: „Anders als der stationäre Handel wissen wir aufgrund der Bestellungen exakt, was wir bei Produzenten und beim Großhandel ordern müssen.“

Die Hubs beliefern Kunden nur in einem bestimmten Radius

Ein weiterer Faktor, bei dem Picnic Kosten spart, ist die „Milchmann-Route“. Die Runner kommen nicht zu beliebigen Wunschzeiten hinaus. Vielmehr werden den Kunden mehrere Zeitfenster angeboten, so dass die Fahrer auf einer Tour mehrere Käufer ansteuern. Sieben bis acht seien binnen einer Stunde zu „schaffen“, weiß Knaudt. Was auch bedeutet: Die Touren werden in einem engen Radius geplant, damit die Anfahrt nicht zu lang wird. Wer beispielsweise in Rheurdt wohnt, landet – zumindest vorerst – in keinem Picnic-Kundenverzeichnis.

>>> Edeka Rhein-Ruhr in Moers ist Partner von Picnic Deutschland <<<

Picnic hat einen starken Partner aus Moers an seiner Seite: Edeka Rhein-Ruhr hält einen Anteil an dem Start-up von 35 Prozent. Der Online-Supermarkt bezieht zudem einen Großteil seiner Ware aus dem Lager an der Chemnitzer Straße. „Das Konzept stimmt“, heißt es bei Edeka auf Nachfrage. Es funktioniere in großen und kleinen Städten, und die Milchmann-Routen in Kombination mit Elektro-Autos seien eine effiziente und umweltfreundliche Lösung für die Zustellung von Lebensmitteln nach Hause. „Wir glauben an das Format und wollen den Markt mitgestalten.“

Das Gesamtvolumen des Lebensmittelmarktes in NRW gibt Edeka mit 35 Milliarden Euro an. Bei einem derzeit auf 1,6 Prozent geschätzten Anteil des Online-Handels führe das zu einem Umsatzpotenzial von 560 Millionen Euro: „Das wäre doch schon ein ordentliches Umsatzpotenzial für ein aufstrebendes Start-up“, rechnet der Lebensmittelriese vor.