Moers. Im denkmalgeschützen Landratsamt in Moers soll die klassische Thekenkultur wieder aufleben. Auch regionales Bier wird dann dort ausgeschenkt.

Der Wind trägt das Kreischen der Säge durch die gesamte Innenstadt. Und ein bisschen haben die Handwerker noch zu tun, bis das Grafschafter Wirtshaus im Erdgeschoss des ehemaligen Landratsamtes nach rund sieben Monaten Arbeitszeit seine Türen öffnet. Lange soll es nun aber nicht mehr dauern. „Am 1. August geht es los“, sagt Gastronom Stipe Madzar, der die untere Etage des denkmalgeschützten Gebäudes mitsamt des Außenbereichs von der Stadt gepachtet hat. Dort möchte er eine Kultur wiederbeleben, die mehr und mehr aus vielen Innenstädten verschwindet. Das „klassische Wirtshaus“ gebe es vor allem in den Stadtzentren immer seltener, sagt Madzar und zählt auf, was er damit verbindet. „Eine gemütliche Atmosphäre, gutes Bier und gutbürgerliche Küche.“

Laden soll Gastronomie ergänzen

Holz dominiert dementsprechend das Interieur. Beim Essen und den Getränken möchte Madzar besonders auf regionale Produkte setzen. Eines von drei Bieren etwa kommt von der Geilings-Brauerei in Kamp-Lintfort, die Spirituosen aus dem Münsterland. „Und das Fleisch bekommen wir von einem Metzger aus Düsseldorf“, sagt Timo Wiesel, der bereits in namhaften Restaurants der Region, zuletzt im Achterath in Neukirchen-Vluyn, und in Süddeutschland gearbeitet hat und nun als Küchenchef im Grafschafter Wirtshaus anheuert. Der regionale, unprätentiöse Ansatz, gepaart mit Bodenständigkeit habe ihn überzeugt, so Wiesel, der moderate Preise ankündigt. Der Großteil der Hauptspeisen liege im Bereich zwischen zehn und 18 Euro. Die Speisekarte dominiert süddeutsche Küche, aber auch regionale Gerichte wie Himmel und Erde oder rheinischer Sauerbraten sollen angeboten werden. Dazu soll es einen Mittagstisch mit drei Gerichten geben, die wöchentlich variieren.

Die Stadt ist optimistisch, dass das Konzept tragfähig ist

Der Plan, den Stipe Madzar und Timo Wiesel mit dem Wirtshaus verfolgen, stimmt die Stadt optimistisch, der das ehemalige Landratsamt gehört. Nach dem Auszug der VHS und des Bildungszentrums habe man das Gebäude für die Allgemeinheit erhalten und öffentlich beleben wollen, sagt die Leiterin des Grafschafter Museums im Moerser Schloss, Diana Finkele, zugleich Chefin des städtischen Eigenbetriebs Bildung, der Hauptnutzer des Landratsamtes ist.

Zum anderen wolle man so auch eine gastronomische Verbindung zwischen Schloss und Innenstadt schaffen, die bislang fehle.

Der Betreiber sieht das Wirtshaus unterdessen nicht als Konkurrenz für die umliegenden Läden in der Innenstadt, sondern als Ergänzung, um die gastronomische Vielfalt und „die Thekenkultur“ in Moers wieder zu stärken. „Eine einzige Kneipe reicht da nicht aus.“ Stipe Madzar plädiert auch dafür, dass die Gastronomen wieder näher zusammenrücken: „Wir müssen das Miteinander wieder stärken“, so Madzar weiter, der findet, dass „Moers generell noch ein bis zwei Gastronomien gebrauchen kann“.