Moers. „Ich bin ja eher so der salzige Typ“: Der fünfte Teil der feministischen Lesereihe des Moerser Schlosstheaters begeistert die Zuschauer.
Dass Feminismus weit mehr als reine Träumerei bedeutet, zeigte sich am Donnerstag. Das Schlosstheater Moers (STM) lud zur feministischen Lesereihe ein. Die Lesereihe läuft seit Ende 2018 unter dem Titel „Ich bin ja eher so der salzige Typ“.
Vier Teile erlebte das Publikum bereits. Vom weiblichen Geschlechtsteil, über salzige Gurken bis zur süßen Erotik haben die STM-Schauspieler den Feminismus dabei neu aufgearbeitet. Der fünfte und letzte Teil am Donnerstag handelte von Utopien.
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft des Feminismus
Dramaturgin Larissa Bischoff und Schauspielerin Lena Entezami beschäftigten sich mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Feminismus. Unterstützt wurden sie von ihren Schauspielerkollegen Matthias Heße und Roman Mucha. Bevor die Lesung begann, hörte man vorm Pulverhaus eine Stimme. Heße rief: „Ich bin nur ein Mensch. Die Familie ist kein Zwang. Der Supermarkt ist vollgestopft. Die Überwachungskameras passen auf.“ Seine Gedankengänge zur unübersichtlichen Gesellschaft stoppten. Das Publikum drehte sich um. In der Rolle der französischen Autorin Christine de Pizan deutete Entezami aufs Pulverhaus: „Das ist die Stadt der Frauen, la Cité des Dames!“
Die 40 Zuschauer folgten Entezami ins Pulverhaus. Unter ihnen waren viele Frauen und ebenso viele Männer. Die vier Schauspieler legten los. „Worte verändern die Realität, denn sie beschreiben die Welt“, nahm Heße Bezug auf die Gendersprache. Bischoff fügte an: „70 Jahre feministische Literatur. Da ist die hilflose, auf ihren Liebsten wartende Jungfrau und der tapfere Mann.“
Rituale von Burschenschaften werden satirisch aufgegriffen
Amazonengeschichten? Keine Bestseller. Wie prekär es in einer Welt der Gehaltsunterschiede und häuslichen Gewalt um Frauenrechte steht, zeigte sich in den Rollen der Burschenschaft Hysteria. Die Hysteria-Feministen sind in Österreich aktiv und greifen Rituale von Burschenschaften satirisch auf. Entsprechend humorig war die STM-Interpretation: „Unsere Scheiden sind aus Stahl. Wir wollen das Matriarchat. Eine Welt, in der die Frau bevorzugt wird.“ So eine Welt habe nur Vorteile für den Mann: Keine Chefpositionen, weniger Stress, kein Haarausfall und mehr Potenz.
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Dazu gab’s 22 Regeln wie „Ich will geduckt spazieren, um die Frau nicht zu blamieren“ und „Ich will alle Schönheitsideale leben“. Sie zeigten im Umkehrschluss, an welch abstruse Regeln sich Frauen halten mussten. Einer der nachdenklichen Momente war die gesungene Utopiehommage von Entezami auf der Ukulele: „Imagine there’s no Gender.“ Der poetische Schluss? Ein Vaterunser, umgedichtet auf eine Hierarchiekritik mit dem Satz: „Vater unser, der du bist im Himmel, komm mal runter.“
Die Zuschauer applaudierten kräftig – und freuten sich am Ende auf eine Runde rosafarbenen Sekt für alle.