Neukirchen-Vluyn. Bei der Europawahl in Neukirchen-Vluyn liegt die CDU trotz Verlusten vor der SPD. Grüne sehen Chancen bei Ratswahl 2020 mit Thema Klimawandel.
Die Zählerinnen und Zähler in Vluyn-Süd waren die schnellsten. Um 18.33 Uhr hatten sie die Europawahl-Stimmen in ihrem Wahllokal ausgezählt, mehr als eineinhalb Stunden bevor das Gesamtergebnis für Neukirchen-Vluyn vorlag. Fazit: Die Grünen liegen, anders übrigens als in Vluyn-Süd, zwar nicht auf Platz 1 in der ganzen Stadt. Doch mit einem Stimmenzuwachs von 13,3% im Vergleich zur Europawahl vor fünf Jahren sind sie die Gewinner des Tages. Bemerkenswert: Fast zwei Drittel der mehr als 21 000 Wahlberechtigten wählten.
CDU und SPD, lieferten sich lange ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem der Abstand zeitweise auf acht Stimmen schrumpfte. Am Ende lag die CDU mit 26,3% knapp vorn, allerdings hatte sie vor fünf Jahren noch 7,4% mehr. Die SPD verlor mehr als 15% und kam auf 23,04% der Stimmen. Die Grünen landeten auf Platz drei mit 22,09%. Die weiteren Ergebnisse: AfD 8,62% (+3,53%), Linke 3,75% (-0,87%) FDP 6,14 (+ 3,8%).
„Wir erreichen die jungen Leute nicht“
Karl-Heinz Florenz, seit 30 Jahren Europa-Abgeordneter für die CDU, hat die Wahl von seinem Hof in Niep verfolgt. „Ein trauriger Tag“, kommentierte er am Abend. Auch aus seiner Sicht ist der Klimawandel das Top-Thema gewesen, doch als Umweltpolitiker habe er immer wieder erlebt, dass es auch in seiner Partei nicht den Stellenwert bekommen habe, der ihm gebühre: „Das ärgert mich.“ Aber die Stimmenverluste hätten nicht nur mit dem Klimawandel zu tun, glaubt Florenz: „Wir erreichen die jungen Leute nicht, wir verstehen sie nicht.“
Enttäuscht zeigte sich auch die Neukirchen-Vluyner SPD-Vorsitzende Elke Buttkereit: Das Ergebnis sei für die SPD „dramatisch“. Sie habe gehofft, dass sich die Schlussoffensive auszahlen und die SPD mehr punkten würde, doch beim Top-Thema der Wahl, dem Klimawandel, werde den Grünen offenbar mehr als allen anderen die Kompetenz zugeschrieben. Die SPD sei in den vielen Jahren der Kompromisse in der großen Koalition abgeschliffen worden: „Wir müssen klarer und deutlicher werden und aus meiner Sicht auch deutlich linker.“
„Klima- und Artenschutz brennen vielen auf den Nägeln“
Mit „total happy“ umschrieb die Vorsitzende der Grünen, Angelika von Speicher, ihre Stimmung. „Wir haben einen super Wahlkampf gemacht, das ist belohnt worden.“ Am Ende habe ihre Partei noch zusätzlichen Schwung durch die Fridays-for-Future-Bewegung auch in Neukirchen-Vluyn bekommen. „Das Ergebnis zeigt, dass Klima- und Artenschutz vielen Bürgerinnen und Bürgern auf den Nägeln brennen.“ Sie hoffe, dass sie und ihre Themen nun auch vor Ort mehr Gehör bekämen – nicht zuletzt im Rat. Angelika von Speicher setzt darauf, dass ihre Partei den Schwung der Europawahl zur Kommunalwahl mitnehmen kann und sich dann auch die Machtverhältnisse im Rat ändern werden. Der Klimawandel treibt vor allem junge Menschen um – und bei der Rathauswahl im September 2020 dürfen auch 16- und 17-Jährige abstimmen.