Jobcenter und TÜV laden 90 Arbeitssuchende zum Job-Speed-Dating. 26 Firmen nutzen das flotte Format für Mitarbeitersuche. In schicker Umgebung.
Von Karen Kliem
Moers. „Wir machen auch Styling-Beratung an Tisch 18“, tönt es aus dem Lautsprecher. Hinter Glas sind an der Seite Traumautos geparkt. Es gibt Brötchen und Getränke. „Wertschätzende Atmosphäre“ nennt das Hermann Oecking, Geschäftsführer TÜV Nord Bildung. Die gilt am Mittwoch 90 Arbeitssuchende, die das Jobcenter Kreis Wesel lieber „Kunden“ nennt, und gemeinsam mit dem TÜV in die Eventlocation „Sammlerstücke“ am Eurotec-Ring geladen hat – zum Job-Speed-Dating.
26 Unternehmen haben ihre Tischchen im Showroom aufgebaut und warten auf ihre Bewerber, die einen Kurzflyer als Lebenslauf im Gepäck haben und genau zehn Minuten Zeit, in der beide Seiten schauen können, ob es passt. Vier bis fünf feste Termine haben die Kandidaten auf ihrem Laufzettel. Die Termine wurden bei der Vorbereitung ausgewählt. Es soll aber auch Luft sein, um sich bei anderen Anbietern umzuschauen, die ihre freien Jobs ans schwarze Brett geheftet haben.
Das Jobcenter hat, wie der stellvertretende Geschäftsführer Günter Holzum erklärt, seine Kunden gut ausgewählt danach, „ob sie soweit sind, eine Arbeit anzunehmen.“ Der TÜV bereitet diese an drei Tagen umfassend auf das Speed-Dating vor. „Manche haben seit Jahren keine Bewerbungsgespräche geführt“, weiß Holzum, wie wichtig es ist, nicht ins kalte Wasser zu springen.
Supergut und super einfach
Die Unternehmen“, sagt Hermann Oecking, „finden das Format supergut und super einfach.“ Sie müssen keine dicken Bewerbungsmappen sichten. Ein Grund, warum es Menschen aus der Arbeitslosigkeit schwer haben, wieder in den Job zu finden. Wer Brüche im Lebenslauf hat, wird gar nicht erst zum Gespräch eingeladen. Beim Speed-Dating bekommen sie ihre Chance, können am Ende oft zwischen mehreren Angeboten wählen. Selbst wenn es nicht klappt mit der Arbeit: „Die Leute kommen auf jeden Fall anders hier raus“, ist Oecking sicher.
In anderen Städten gab es solche Veranstaltungen schon, etwa in Bochum oder Duisburg, wenn auch wesentlich größer. Die Vermittlungsquote liege zuweilen bei 50 Prozent, sagt Oecking.
Schauen, ob die Leute lächeln
Gül-Sevim Ö. hat schon zwei Einladungen zur Bewerbung ergattert. Ihr Problem: Die gelernte Zahnarzthelferin ist noch in einer Maßnahme. Die will sie zu Ende machen, bis August. Ein großer Vorteil für sie beim Speed-Dating: „Ich kann sehen, ob die Leute ein Lächeln im Blick haben. Dann weiß ich, das ist gut da.“ Sie hat die Chance auch genutzt, um sich für ihre
drei Kinder, die jetzt nach und nach mit der Schule fertig werden, umzuhören.
Bei Maike Hacker und Mareike-Kim Marburg von der Firma 020-Epos läuft es „so lala“. Sie sind auf der Suche nach Kundenberatern für ihr Dialogmarketing-Unternehmen. „Wir müssen viel Aufklärungsarbeit leisten. Da haben unseriöse Unternehmen verbrannte Erde hinterlassen“, erklären sie sich den schwachen Zulauf. Wenig Pausen zwischen den Dates hat hingegen Maria Hinckers, Personalreferentin beim Neukirchener Erziehungsverein. Sie ist auch begeistert vom Format: „Die Leute sind meistens gut vorbereitet und das sind die, die was wollen.“
Auf der Suche nach einem sicheren Job
Bei Franz-Josef Bösing und Karin Gütges von der Deutschen Post läuft es auch prima. Sie haben schon einen Elektriker aus dem Libanon im Blick: „Da müssen wir nur schauen, ob seine Ausbildung hier anerkannt wird.“ Die Postler fühlen sich beim Kunden-Interesse ein bisschen im Vorteil: „Wir sind ein großes Unternehmen. Da erwarten alle einen guten und sicheren Job.“ Die Bäckerei Büsch ist Stammkunde bei solchen Speed-Datings: „Der erste Eindruck ist schnell und gut. Besser als Papier. Bei 200 Filialen haben wir ständig Personalbedarf.“ Zwei, drei der Kandidaten wollen die Büsch-Personalerinnen auf jeden Fall zum Probearbeiten einladen.