Moers. . In dem Haus, in dem früher der „Evening Club“ Sex gegen Geld verkaufte, haben Britta Adams-Gogoll und Anja Bellinger-Fonck „Brittanja“ eröffnet.

Das Haus an der Rheinberger Straße 392, gleich neben der Auffahrt zur A 42, dürfte eine der bekanntesten Adressen in Moers sein. Einst residierte dort der „Evening Club“, im Volksmund auch als „Kartoffel-Puff“ bekannt, in dem es Sex gegen Geld gab. Fünf Jahre stand das Haus leer. Nun ist dort wieder Leben eingekehrt. Soeben haben Britta Adams-Gogoll und Anja Bellinger-Fonck ein Geschäft für Braut- und Festmoden eröffnet.

Wie entspannt die beiden Freundinnen mit der Vergangenheit des Gebäudes umgehen, zeigen sie auf ihrer Internetseite: „Frei nach dem Motto: Vom Bordell zum Brautladen lassen wir nun die positive Energie des Hauses in anderer Form weiterleben.“ Diese positive Energie ist schon beim wunderbaren Namen des Geschäfts zu erkennen: „Brittanja“, zusammengesetzt aus den Vornamen der beiden Geschäftsfrauen.

So sieht das Haus an der Rheinberger Straße 392 heute aus.
So sieht das Haus an der Rheinberger Straße 392 heute aus. © Volker Herold

Das Evening-Club-Schild an der Wand ist verschwunden, das Haus kernsaniert. Über dem Eingang hängt das Brittanja-Schild. Ein paar Überbleibsel aus Rotlicht-Zeiten haben Britta Adams-Gogoll und Anja Bellinger-Fonck aber behalten. Die Tür beispielsweise, sogar noch mit der typischen Guck-Klappe: „Wir finden das witzig, und wir werden sowieso von jedem Kunden auf die Nachtclub-Zeiten dieses Hauses angesprochen“, sagt Britta Adams-Gogoll. Ach, und übrigens: „Jeder kannte den Club – aber natürlich nur vom Vorbeifahren. Niemand ist jemals da gewesen...“, grinst sie. Als sich anfangs in der Immobilie wieder etwas tat, aber das neue Firmenschild noch nicht hing, habe auch der eine oder andere Herr geklingelt und gefragt, „ob es wieder los geht“, erzählen die Budbergerinnen amüsiert.

Große Nachfrage für ein besonderes Ereignis

Im Haus geht’s rechts in den Showroom für Festmoden. Hier hängen Ballkleider aus Taft, Tüll und Chiffon, meist lang, aber auch das kleine Schwarze ist im Angebot. Hinzu kommen Accessoires: Ketten, Haarschmuck, Blumenkränze. Schon in der ersten Woche herrschte in dieser Abteilung mehr Betrieb als erwartet. Die Abibälle stehen an, und die Brittanja-Werbung in den sozialen Netzwerken hat gewirkt: „Hier waren viele Mädchen, die sogar schon in Düsseldorf nach einem Kleid gesucht hatten“, berichtet Britta Adams-Gogoll. Und danach sorgte Mund-zu-Mund-Propaganda für die nächste Welle.

Anja Bellinger-Fonck  befestigt  einen Brautstrauß.
Anja Bellinger-Fonck befestigt einen Brautstrauß. © Volker Herold

Gegenüber befindet sich der erste von zwei Hochzeitsräumen. Früher sei es plüschig und dunkel gewesen, weiß Anja Bellinger-Fonck. Jetzt ist es hell, wofür unter anderem zwei gläserne Kronleuchter sorgen. An den Wänden dominieren Weiß, Hellgrau und Mauve, ein hell-rötliches Violett. Die Theke von früher ist erhalten geblieben und renoviert. „Die ist praktisch“, so Britta Adams-Gogoll.

Der Spiegel hat eine stattliche Größe

Wie in allen Showrooms dominiert auch hier ein zwei Meter hoher Spiegel, in dem sich die Bräute begutachten können, davor steht jeweils ein kleines Podest. „Die Kleider sind meist zu lang“, sagt Anja.

„Wenn sich die Damen aufs Podest stellen, können die Stoffe schön fallen.“ Die Begleitung kann derweil auf Sesseln Platz nehmen. Meist ist die beste Freundin dabei, auch Mutter und Schwiegermutter, die Trauzeugin.

Innen ist das Geschäft elegant ausgestattet.
Innen ist das Geschäft elegant ausgestattet. © Volker Herold

Offenbar ist beim Hochzeitskleid nach wie vor Weiß gefragt. „Nicht ganz“; korrigiert Britta Adams-Gogoll. „Die vorherrschende Farbe ist Ivory,“ also Elfenbein. „Das ist schmeichelnder als reines Weiß.“ Dann gibt es noch Blush (gesprochen blasch), eine Farbe, die Richtung Rosa tendiert. Die Kleider sind denkbar vielfältig, von schlicht bis aufwändig ist alles möglich, mit und ohne Spitzen und Pailletten, Chiffon, Taft oder Tüll.

Auch ein recht gewagtes Brautkleid zeigen die beiden, praktisch durchsichtig ist es. Oder wie Anja Bellinger-Fonck augenzwinkernd formuliert: „Hier haben wir einen Hauch von nichts...“

Geliefert werden die guten Stücke von mehreren Herstellern, die Anja Bellinger-Fonck und Britta Adams-Gogoll unter anderem auf Hochzeitsmessen treffen. Alle Modelle im Laden sind reine Show- und Anprobeteile und Eigentum der Brittanja GmbH. Jedes Kleid, für das sich eine angehende Braut entscheidet, wird individuell angefertigt, eine Schneiderin nimmt vor Ort die Anpassungen vor. Im Angebot sind die Größen 32 bis 62: „Jede Frau soll hier mit einem Wow-Effekt herausgehen“, sagt Tanja Bellinger-Fonck.

Die Idee zum Geschäft ist schon ziemlich alt

Schuhe und Täschchen tragen ihren Teil dazu bei. Blumenkinder können hier ebenfalls ausgestattet werden. Wie die zwei auf die Brautmoden-Idee gekommen sind? Anja und Britta sind schon mehr als drei Jahrzehnte enge Freundinnen und haben immer wieder über ein gemeinsames Geschäft nachgedacht. „Der Name ‘Brittanja’ steht schon ganz lange fest“, sagen sie. Für schöne Stoffe hatten sie stets etwas übrig, fürs Gestalten ebenso, zudem ist Anja Bellinger-Fonck Schneiderin.

Anja Bellinger-Fonck, links, und Britta Adams-Gogoll
Anja Bellinger-Fonck, links, und Britta Adams-Gogoll © Volker Herold

Als sich die Gelegenheit ergab, das Haus an der Rheinberger Straße zu mieten, haben sie sich entschieden, den Schritt zu wagen. Die Lage sei prima, viele Pendler nehmen das Brautmodengeschäft wahr, das ohnehin nicht auf Laufkundschaft ausgerichtet sei. Und die Kundinnen kommen Anprobieren sowieso nur mit Termin. Britta Adams-Gogoll: „Wir sind zuversichtlich.“