Moers. . Die Beamten der Autobahnpolizeiwache Moers legen im Jahr 600.000 Kilometer zurück. Das Verhalten mancher Autofahrer macht sie fassungslos.

Explosionen, sich überschlagende Autos, Verfolgungsjagden und Schießereien – was in TV-Serien wie „Alarm für Cobra 11“ über die Mattscheiben flimmert, ist frei erfunden und hat mit dem Alltag bei der Autobahnpolizeiwache Moers aber auch gar nichts zu tun.

Die Beamten sind zuständig für 150 Kilometer Autobahn und fahren im Jahr rund 600.000 Kilometer – unfallfrei. Über das, was ihre Arbeit ausmacht, über Raser und Gaffer sprach die NRZ mit Wachleiter Hans-Werner Lingen, Rike Strater und Patrik Scharmach.

Auch Schwerkriminalität kommt im Berufsalltag vor

Nicht, dass sie nicht mit Schwerkriminalität zu tun hätten: „Auf der A 57 kam es zum Unfall mit dem Fluchtauto einer Bande von Geldautomatensprengern – zwei Tote und ein Schwerverletzter, Mitglieder eines Utrechter Clans“, so Hans-Werner Lingen.

Hans-Werner Lingen leitet die Wache.
Hans-Werner Lingen leitet die Wache. © N. Prümen

Und was schnelle Autos angeht, so hat die Moerser Autobahnpolizei ihre Erfahrungen mit Hochleistungssportwagen, etwa der Marke Lamborghini: „Diese Fahrzeuge haben eine ausgefeilte Aerodynamik. Bei schadhafter Straße kann es zu einem Strömungsabriss kommen, und das Auto landet auf dem Dach.“

Doch so etwas bestimmt nicht den Alltag der Beamten – der allerdings oftmals nicht weniger spektakulär ist. Rike Strater: „Ein Auto war auf dem Seitenstreifen liegen geblieben. Ich habe angehalten und sprach mit dem Fahrer – dann sind sieben bis acht Autos neben mir ineinander gerauscht.“ Ein Audi rutschte unter einen Lkw, „das sah echt schlimm aus“, so die Polizeikommissarin. Kurios die Schuldzuweisung des Fahrers, der gebremst und den Massenunfall verursacht hatte: „Er sagte, ich wäre schuld“, so Rike Strater. Der Autofahrer habe sich auf das Blaulicht konzentriert...

Das Verhalten mancher Autofahrer macht fassungslos

Damit war dieser denkwürdige Einsatz aber noch nicht beendet. Verletzte waren nicht zu beklagen, lediglich ein Kind blutete etwas aus den Nase, wurde zur Kontrolle ins Krankenhaus gefahren. Der Vater, der seine vier Kinder im Auto, aber dieses eine nicht angeschnallt hatte, beschwerte sich hinterher über die diesbezügliche Anzeige. Was die Polizeikommissarin recht fassungslos machte, denn das nicht angeschnallte Kind hätte schlimmstenfalls sogar tot sein können.

Wofür Rike Strater und Patrik Scharmach ebenfalls keinerlei Verständnis haben, sind Gaffer. „Selbst bei einem pisseligen Auffahrunfall bremsen sie auf der Gegenfahrbahn und verursachen Beinaheunfälle“, so Rike Strater. Was jedoch für sie und ihre Kollegen Patrik Scharmach nicht das Schlimmste ist. Beide erinnern sich an einen schweren Unfall am Stauende in Höhe des Autobahnkreuzes Moers.

„Die stellen sich auf Autodächer und auf Leitplanken“

Und los geht’s.
Und los geht’s. © Norbert Prümen

45 Minuten bemühten sich die Männer der Feuerwehr, einen Menschen aus einem Pkw zu bergen, und Gaffer drängten sich mit ihren Handys direkt neben die Helfer, wollten filmen, wie andere um ein Menschenleben kämpfen. „Die stellen sich auf Autodächer und auf die Leitplanken“, beschreibt Patrik Scharmach die Situation an den Unfallstellen. Rike Strater findet für ein solches Verhalten klare Worte: „Das ist menschenunwürdig.“

Und letztendlich räumen die beiden Autobahnpolizisten mit einem Vorurteil auf. „Die bösen Lkw-Fahrer“, sagen sie, diese Worte hörten sie täglich. Aber es seien dann meist die Berufskraftfahrer, die an einer Unfallstelle oder einem liegen gebliebenen Fahrzeug auf die linke Spur wechseln oder langsamer werden, um niemanden zu gefährden.

In einem Punkt gibt es eine positive Entwicklung

Patrik Scharmach verstaut die Ausrüstung.
Patrik Scharmach verstaut die Ausrüstung. © Prümen

„Klar sollen die Autos langsamer an uns vorbei fahren“, erklärt Patrik Scharmach. Aber dies, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sei eben eher von den Profis hinter dem Lenkrad zu erwarten. Und was die Rettungsgassen angeht, so hat der Kommissar in den zwei Jahren, die er bei der Autobahnpolizei Moers seinen Dienst versieht, festgestellt, dass immer mehr Autofahrer eine solche Rettungsgasse bilden. Denn die kann im Zweifelsfall lebensrettend sein.