Moers. . Für die Stadt sind Anlieger-Beiträge für Straßensanierungen eine unverzichtbare Einnahmequelle. Doch wie werden die Kosten eigentlich berechnet?

Straßenbauarbeiten gehören zum Stadtbild. Bisher konnten sich Stadtverwaltungen immer darauf verlassen, dass die Kosten für die Erneuerung zum Beispiel von Gehwegen oder Parkstreifen zum Teil durch Anlieger übernommen werden. Doch die Diskussion um die Straßenbaubeiträge ist voll im Gange. In dieser Woche zum Beispiel hat Mecklenburg-Vorpommern sie abgeschafft.

In Nordrhein-Westfalen will die CDU-/FDP-Landesregierung bis Ostern prüfen, was hierzulande möglich ist. Für viele Hausbesitzer wäre die Abschaffung eine große Erleichterung, für die Stadt wäre sie ohne finanziellen Ausgleich ein herber Verlust.

Anlieger tragen zwischen 30 und 70 Prozent

Ein Beispiel: Als vor ein paar Jahren die Kranichstraße in Hülsdonk saniert wurde, fielen Kosten von 975.000 Euro (ohne Kanalsanierung) an. 508.000 Euro davon, also weit über die Hälfte, waren Straßenbaubeiträge der Anwohner. Doch das Großprojekt ist nicht unbedingt symptomatisch für die Bemessung der Beiträge, wie Ulrich Birmes vom Fachdienst Straßen- und Verkehrsrecht der Stadtverwaltung mitteilt. Im Umfang von etwa 30 bis 70 Prozent, je nach Maßnahme, könnten Anlieger zur Kasse gebeten werden, wenn die Straße vor dem Haus saniert wird.

Welche Summen dabei zusammenkommen können, hat die Stadtverwaltung sehr anschaulich dargestellt (siehe Grafik). Bei der Berechnung spielen Faktoren wie Grundstücksfläche und die Anzahl der Vollgeschosse eine Rolle. So kann es vorkommen, dass Nachbarn höchst unterschiedliche Beiträge zahlen müssen, weil ihre Grundstücke unterschiedlich groß sind und ihre Häuser sich in der Zahl der Geschosse unterscheiden.

Straßenbaubeiträge
Straßenbaubeiträge © Miriam Fischer

Ebenfalls komplex ist die Erhebung von Straßenbaubeiträgen. Wie die Stadt auf NRZ-Anfrage mitteilt, werden Anlieger im Vorfeld einer Straßenbaumaßnahme zwar so früh wie möglich informiert – auch über die prozentuale Beteiligung, aber nicht darüber, was es am Ende tatsächlich für sie kosten wird.

Erst wenn nach Abschluss der Arbeiten alle Rechnungen der Tiefbauunternehmen geprüft sind, steht fest, wer welche Summe zahlen muss. Selbst die laufende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kann die Höhe der Kosten beeinflussen. Zwischen zwei und sechs Jahren, so die Verwaltung, bleibt den Anliegern Zeit, Geld für die Straßenbaubeiträge zusammenzubringen. Gegen die Beiträge regt sich jetzt auch in Moers Widerstand.

250 Unterschriften binnen einer Woche

Erst in der vergangenen Woche haben die Grafschafter in ihrem Büro im Rathaus eine Unterschriftenliste für die Abschaffung von Straßenbaubeiträgen ausgelegt. Am Donnerstag dieser Woche standen schon 250 Namen darauf. „Die Leute rennen uns die Hütte ein“, befindet Claus Peter Küster, Vorsitzender und Fraktionschef der Bürgervereinigung.

Die Grafschafter unterstützen die Initiative des Bundes der Steuerzahler NRW, die bereits seit dem 30. September vergangenen Jahres läuft. Küster: „Der Bund der Steuerzahler hat bereits 250.000 Unterschriften, 66.000 sind notwendig, damit sich der Landtag noch einmal mit dem Thema beschäftigt.“

Umschichtungen im Landeshaushalt nötig

Doch was passiert, wenn die Kommunen nicht mehr auf diese zentrale Einnahmequelle für den Straßenbau zurückgreifen könnten? Laut Claus Peter Küster, der sich auf Angaben des Bundes der Steuerzahler NRW bezieht, sei es durchaus möglich, die erforderlichen Summen durch Umschichtungen im Landeshaushalt zu erwirtschaften. Im Jahr 2017 zum Beispiel hätten die Beiträge bei 127 Millionen Euro gelegen, das sei ein Prozent des Landeshaushalts.

Bürgermeister Christoph Fleischhauer ist gegen die komplette Abschaffung der Straßenbaubeiträge. Bereits vergangenes Jahr teilte er mit, man solle ein System, das bis auf wenige Punkte funktioniere, nicht abschaffen, sondern verändern. Er befürchtet, dass sonst die bestehende Prioritätenliste für Straßensanierungen keinen Bestand mehr habe, weil jeder seine Straße zuerst saniert sehen wolle.