Moers. . Die Fachstelle Frau und Beruf des Kreises Wesel bietet ein Bewerbungstraining für Frauen an. Unsere Volontärin hat dabei viele Tipps bekommen.

Der Bauch grummelt, die Hände beginnen zu schwitzen. Dabei ist das heutige Vorstellungsgespräch im Rathaus lediglich ein Training, das Job-Trainerin Christina Thiel für die Fachstelle Frau und Beruf des Kreises Wesel anbietet. Das Besondere dabei: Hier stehen die Frauen im Mittelpunkt. „Denn gerade beim Selbstwertgefühl sind uns die Männer schon viel weiter voraus“, betont Thiel. Um mich selbst auf den unangenehmen Prüfstand in Sachen Bewerbungsgespräch zu stellen, nehme ich sogar eine gewisse Aufregung in Kauf.

Mit einem freundlichen Lächeln beginnt das Gespräch. „Stellen Sie sich doch bitte kurz vor“, fordert mich Thiel auf. Einen kurzen Abriss meiner beruflichen Lebensgeschichte später entspanne ich ein wenig. Ist doch gar nicht so schlimm. Immerhin kenne ich mich und meine Stärken. Doch wie sieht es eigentlich mit den Schwächen aus? „Das ist eine beliebte Frage“, erklärt Thiel später.

Und die Antwort „mein Perfektionismus“ kommt beim Arbeitgeber nicht unbedingt gut an. „Da macht man quasi aus einer Stärke eine vermeintliche Schwäche“, sagt Thiel. Viel besser sei dagegen ein harmloses Detail aus dem Privaten. Alles klar, ich merke mir schon mal die passende Antwort für das nächste Mal: „Ich kann an keiner Schokolade vorbeigehen, ohne zu naschen.“

Kurz darauf werden die Fragen langsam provokanter, das Gespräch erinnert mich zusehends an ein Pingpong-Spiel. Bei dem ich natürlich versuche, mich nicht abhängen zu lassen. Und mein Lächeln zu bewahren. „Wieso sollten wir Sie und nicht die anderen nehmen?“, fragt Thiel. Gute Frage, doch was ist die sinnvollste Antwort? „Statt zu sagen, dass Sie besser als andere sind, nennen Sie konkrete Fähigkeiten oder Alleinstellungsmerkmale“, rät Thiel.

Und dann wird es wirklich fies: „Wieviele Quadratmeter hat der Indische Ozean?“ Ich komme kurz ins Straucheln, fasse mich jedoch schnell wieder. Von einer so seltsamen Frage lasse ich mich nicht aus dem Konzept bringen und erzähle etwas davon, wie man die Rechnung theoretisch bewerkstelligen könnte. Was natürlich Quatsch ist, doch darum geht es hier auch nicht. „Ich wollte Sie damit aus der Reserve locken“, gibt Thiel im Nachhinein zu. Einfach souverän bleiben und sich nicht unterkriegen lassen, lautet auch die Devise bei persönlichen Fragen wie der folgenden: „Wie sieht Ihre Familienplanung aus? Wollen Sie Kinder?“ Ein freundliches Stopp und die Antwort „Das gehört hier sicher nicht hin!“ ist nach Aussage von Thiel genau richtig.

Auch wenn es um die Gehaltsvorstellung geht, müssten sich vor allem Frauen besser positionieren. Am besten vorher über den Lohnspiegel informieren und dann mit weiteren Vor- oder Nachteilen des Jobangebots abwägen.

„Die Bewerber empfinden sich oft viel kleiner als der Personalmanager“, weiß Thiel. Daher versuche sie immer bewusst zu machen, dass ein Bewerbungsgespräch kein Verhör sei, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe.

„Der Bewerber ist dort, weil der Personalrat ein Problem hat“, sagt Thiel. Die Rolle des Problemlösers einzunehmen, klingt tatsächlich in meinen Ohren ziemlich vielversprechend. Kein Grund also, beim nächsten und dann echten Vorstellungsgespräch aufgeregt zu sein.