Am Niederrhein. . Tankstellen am Niederrhein legen Zapfsäulen still oder schließen sogar ganz, weil der Nachschub an Benzin und Diesel ausbleibt. Das hat Gründe.

Wer erinnert sich an die Ölkrise 1974? Damals wurden an Sonntagen Autofahrverbote verhängt, das Bruttosozialprodukt stagnierte – Auswirkungen einer Benzinknappheit und enormer Preissteigerungen. In den letzten Wochen mussten sich die Autofahrer am Niederrhein wieder damit abfinden, dass es an manchen Tankstellen weder Benzin noch Diesel gab.

Hier geht noch was.
Hier geht noch was. © Arnulf Stoffel

„Nach Ihnen mache ich zu, ich hab’ kein Benzin mehr und nur noch wenig Diesel“ – diesen Satz hörte ein Leser in der letzten Woche an seiner Tankstelle in der Moerser Innenstadt an einem Abend gegen 20 Uhr, also zwei Stunden vor dem eigentlichen Feierabend. In diesem Monat, so der Tankwart, passiere ihm das schon zum vierten Mal. Eine Nachbar-„Tanke“ musste zumindest einen Teil ihrer Zapfsäulen zeitweise stilllegen. Und auch in Neukirchen, berichtet eine Leserin, saß schon eine Tankstelle auf dem Trockenen. Diese Erfahrung ist für Autofahrer am Niederrhein neu – bislang floss der Sprit jederzeit und reichlich. Warum ausgerechnet die Dürre der vergangenen Monate für den Spritmangel verantwortlich ist, erläutert Stephan Zieger vom Bundesverband Freier Tankstellen.

Binnenschiff ist wichtigstes Transportmittel

Denn das wichtigste Transportmittel für den Kraftstoff ist das Binnenschiff. Ein solcher Tanker transportiert auf einen Schlag 2000 Tonnen Treibstoff von den Raffinerien zu den Lagern der Minerölgesellschaften – oder umgerechnet 2,5 Millionen Liter Sprit. Dies, so Zieger, entspreche der Ladung von 80 bis 100 Lkw.

Da eine durchschnittliche Tankstelle zwischen 2,5 und 4 Millionen Liter Treibstoff im Jahr verkauft, wären als Ersatz für nur ein einziges Binnenschiff 150 Lkw-Ladungen nötig, die auf der Straße den Transport von den Raffinerien zu den Treibstofflagern übernehmen müssten. Mit anderen Worten: „Uns fehlt die logistische Hauptschlagader“, so Zieger.

 
 

„Tankwagen sind nicht dazu da, 300 Kilometer zu fahren, um Tankstellen zu beliefern. Die Logistikkette ist anders.“ Wann der Rhein wieder genügend Wasser führt, um die Tankschiffe mit voller Ladung von den Raffinerien zu den Lagern fahren zu lassen, weiß niemand. Die Knappheit an den Tankstellen ende erst, wenn genügend Wasser im Rhein sei. Derzeit sieht es so aus, als könne der Wasserstand eher sinken als steigen.

Run auf „Tanken“ am Wochenende

Zum Problem der Binnenschifffahrt komme hinzu, dass in Bayern eine große Raffinerie ausgefallen sei und so zur Knappheit der Ware noch die Knappheit der Transportmittel komme. Stephan Zieger: „Das führt dazu, dass wir immer wieder Leerstände haben.“ Auch führten die leicht gesunkenen Preise am Wochenende zum Run auf die Tankstellen. Folge am Montag: leere Vorratstanks.