Neukirchen-Vluyn. Zwei Tage sind die Uhren auf dem Averdunkshof in Neukirchen-Vluyn auf andere Art zurückgestellt worden. Das Mittelalter offenbarte Interessantes.

„Einen kühlen Schluck Kirschbier für das holde Fräulein?“ Die gastfreundliche Einladung mag ein wenig ungewöhnlich klingen. Und auch die klirrenden Schwerter und edel gewandeten Ritter sieht man nicht alle Tage. Wer am Wochenende im Averdunkshof zu Gast war, erlebte eine Zeitreise der besonderen Art. Die Firma MSFF Veranstaltungen hat erstmalig mit Averdunkshof-Inhaber Dirk Mensel zum zweitägigen Mittelalterfest eingeladen.

Im Fokus stand das Leben um 900 und 1300. Und das hat einiges zu bieten: Schon am frühen Samstagvormittag waren

© Oleksandr Voskresenskyi

hunderte Besucher am Ort. Die Neukirchen-Vluyner holten ihre Gewande aus den Schränken: Wallende Kleider mit Trompetenärmeln, Leinengewänder und Holzschuhen machten die mittelalterliche Szenerie perfekt.

Am Eingang begrüßte Veranstalter und MSFF-Inhaber Chris Schulze die Besucher. Just zückte der „Laird of Glencoe“ sein Silberschwert und ließ Besucher unter 40 Zentimetern Schwertmaß gratis ins Dorf. Auf dem grünen Gelände gab’s 50 Aussteller zu entdecken. So konnte man bei den magischen Hexen Amulette bestaunen. Der in der Szene bekannte Shop „Rheingold“ bot Lederware und handgefertigte Gewänder an.

Die Kreditkarte gilt ausnahmsweise

„Die Bezahlung klappt aus logistischen Gründen hier auch unmittelalterlich mit Kreditkarte“, sagt Schulze und lacht. Gut gewandet ging’s zum Lagerplatz. Zahlreiche Zelte reihten sich aneinander. Wer Einlass begehrte, klingelte bei den Wikingern mit einer Mausefalle. „Wenn die zuschnappt, erhören wir euch“, erklärt Marion Becker, die gern Einblick ins Lager bot. „Die Stimmung ist klasse“, hob sie hervor. Wenige Meter weiter stand die Freie Bauernschaft Camp.

© Oleksandr Voskresenskyi

Die beiden 53-jährigen Uwe und Sabine wussten sofort, aus welcher Zeit sie kommen: „Wir kommen aus dem Jahre 1260.“ Auf alten Holztischen standen Krüge, überm Feuer brutzelten die Karotten. „Damals haben wir das Xantener Siegfriedspektakel besucht. Da wollten wir uns am liebsten ins Zelt legen“, sagt Sabine. Was den Reiz des Mittelalters ausmacht? „Ein Genuss der kleinen Dinge und Abstand zum Überfluss.“

Chris Schulze will dranbleiben

Das fand auch Thomas Croonenbroeck vom Lager „Hulse Tumulus“ aus Hüls. „Die Kinder kommen sehr gut ohne Smartphone aus, wenn man Alternativen bietet.“ Mit seinen elf Lagerfreunden schnitzte er Kürbisse.

Auf dem Platz staunten die kleinen Besucher über die Nahkampf-Aufführung. Wenig später wurden sie selbst zu Rittern und ließen sich mit Schwert und Helm fotografieren. Die „Formatio Kupfergold“, „Askar der Spielmann“ und „Tandaniel“ zogen musizierend durchs Dorf. Und in den Tavernen wank Speis und Trank. Zwei Spezialitäten: Kirschbier und Butterbier. In der Dämmerung begann die Feuershow, stilecht mit Feuerschluckern.

Wohlgebettet nächtigten die Aussteller in ihren Zelten auf Fellen und Steckbetten. Auch am Sonntag füllte sich das Dorf mit Besuchern, die unter anderem eine realistische mittelalterliche Gerichtsverhandlung bestaunten. Schulze war rundum glücklich über die Premiere. „Die Neukirchen-Vluyner lieben das Mittelalter. Da bleiben wir dran“, versprach Schulze.