Moers. . Der Offene Ganztag an Grundschulen ist chronisch unterfinanziert, findet nicht nur der SCI:Moers. Kommt nicht mehr Geld, drohen Konsequenzen.

Frank Liebert, Geschäftsführer beim SCI:Moers, macht sich große Sorgen um etwas, das längst zum Schulalltag gehört: „Der Offene Ganztag an Grundschulen wird vom Land stiefmütterlich finanziert. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo es um den Fortbestand geht.“

Liebert hat bereits angekündigt, dass sich der SCI, Träger von sechs Einrichtungen für den Offenen Ganztag (OGS) in Moers, Mitte 2020 aus diesem Bereich zurückziehen wird, wenn sich die finanzielle Ausstattung nicht deutlich verbessert (NRZ berichtete).

Fast jeder zweite Grundschüler im Offenen Ganztag

1800 Grundschüler, so Liebert, nehmen in Moers in diesem Schuljahr die Angebote des Offenen Ganztags wahr. Das seien fast 50 Prozent der Grundschüler. Was sie erwartet, wenn der Schulunterricht vorüber ist, ist ein breites Angebot, das wenige Personen mit großem Engagement stemmen.

„Die Zeit für die Betreuung der Kinder liegt bei 20 Stunden pro Kraft und Woche, doch dabei sind Vor- und Nachbereitung oder Aus- und Fortbildungen noch gar nicht enthalten. Ebenso sind in den letzten Jahren neue Handlungsfelder wie Inklusion und Integration hinzugekommen, die bei der Finanzierung gar keine Rolle spielen“, sagt Stefanie Cossmann, die beim SCI den Offenen Ganztag an sechs Grundschulen in Moers koordiniert.

Moers kann mit reichen Kommunen nicht mithalten

Was besonders ins Auge fällt: Die Kommunen müssen einen Pflichtbeitrag von 460 Euro pro Kind und Schuljahr zahlen, dürfen aber auch etwas drauflegen. Das können sich allerdings nur Städte mit nachhaltig gesundem Haushalt leisten. Zwar stellt die Stadtverwaltung Moers auch einen etwas höheren Beitrag zur Verfügung (siehe Bericht auf dieser Seite), doch mit richtig potenten Kommunen kann sie nicht mithalten.

„Als der Offene Ganztag in NRW 2003 als Folge der PISA-Studie gegründet wurde, hatten wir hier in Moers gut aufgestellte Horte“, erinnert sich Frank Liebert. Seitdem warte man aber auf Qualitätsstandards für die OGS von den jeweiligen Landesregierungen. Jüngste Untersuchungen hätten gezeigt, dass NRW schlecht aussehe, wenn es um die OGS gehe. Bayern liege vorn, dort gebe es Qualitätsstandards.

Online-Petition im Internet

Liebert und Cossmann sind mit ihrem Wunsch, den vorgesehenen Bildungsauftrag auch umsetzen zu können, nicht allein. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege fordern ein Rettungspaket für die OGS. Eine Finanzierung mit 3250 Euro pro Kind und Schuljahr seien angemessen. Eine entsprechende Online-Petition gibt es im Internet über:
www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de

>>> Ungleiche Bedingungen <<<

Stadt überarbeitet OGS-Rahmenkonzept

Bei der Stadt gibt es seit 2012 ein Rahmenkonzept für den Offenen Ganztag. Unter anderem heißt es darin, die Offene Ganztagsschule (OGS) solle „nicht nur zu einem verlässlichen Betreuungsangebot, sondern vielmehr zu einem ergänzenden Bildungsangebot“ gemacht werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss sich die Stadt ziemlich anstrengen.

„Wir merken immer wieder, dass der Offene Ganztag ein unterfinanziertes System ist. Der Handlungsbedarf ist zweifellos vorhanden“, sagte der zuständige Dezernent Claus Arndt in dieser Woche im NRZ-Gespräch. Dabei hat die Stadt schon gehandelt. Der Elternbeitrag wurde erhöht und ab nächstem Schuljahr gibt es die Befreiung vom Essensgeld für Geschwisterkinder nicht mehr.

„Trotzdem bleibt eine Finanzierungslücke, wenn wir die Vorgaben aus dem Rahmenkonzept umsetzen wollen“, sagt Harald Hanio aus dem Fachbereich Schule und Sport der Stadtverwaltung. Bei 461 Euro je Kind und Jahr liegt die Pauschale, die Moers zahlen müsste, tatsächlich sind es 515 Euro. Das ist aber bei weitem nicht soviel, wie andere Städte den OGS-Trägern zahlen können (siehe Bericht auf dieser Seite). Hanio: „Gleiche Bedingungen bei der OGS in NRW existieren nicht.“

Vera Breuer, Fachbereichsleiterin Jugend, kündigt derweil an, das Rahmenkonzept von 2012 fortschreiben zu wollen, weil sich seitdem gesellschaftlich viel geändert habe: „Flüchtlinge und Inklusion spielen heute eine stärkere Rolle als 2012. Deshalb setzen wir uns mit Trägern, Schulleitungen und OGS-Leitungen zusammen. Mehr Qualität im Offenen Ganztag braucht auch mehr Personal.“