Moers. . In Moers steht ein 28-Jähriger Iraner vor Gericht, der eine Bekannte aus einem Deutschkurs vergewaltigt haben soll. Er schildert das anders.

„Die Vorwürfe sind frei erfunden.“ Damit beendete der Verteidiger die Verlesung des Schriftsatzes, den er im Namen des 28-jähriger Angeklagten der auswärtigen großen Strafkammer des Landgerichts Kleve im Schöffensaal des Amtsgerichtes am Donnerstag vorgetragen hatte. Somit steht in diesem Vergewaltigungsprozess Aussage gegen Aussage, und die Wahrheitsfindung wird durch Einsatz eines Dolmetschers für das Gericht nicht eben einfacher.

Denn beide, der mutmaßliche Täter ebenso wie das mutmaßliche Opfer, sind der deutschen Sprache kaum mächtig. Der 28-jährige, in einer Moerser Flüchtlingseinrichtung lebende Iraner lernte die 24-jährige alleinerziehende Mutter in einem Deutschkurs in Moers kennen. Dies bestätigte die 24-Jährige vor Gericht, aber damit endeten auch schon die Gemeinsamkeiten in den Aussagen.

Beide lernen sich 2017 im Deutschkurs kennen

Denn während der Angeklagte von einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr im Rahmen einer gemeinsamen Beziehung spricht, klingt das bei der 24-Jährigen ganz anders. Von einer Beziehung könne keine Rede sein, erklärte die 24-Jährige auf Frage des Vorsitzenden Richters Johannes Huismann.

Ganz anders schilderte es indes der Verteidiger. Seitdem sich beide in einem Deutschkurs im Frühjahr 2017 kennengelernt hätten, hätten sie in einer Lebenspartnerschaft gelebt, wobei es die Frau gewesen sei, die zu „körperlichen Übergriffen“ geneigt, Freunde zu Saufgelagen in ihrer Wohnung eingeladen und des nachts „Tanzlokale“ besucht und ihre kleine Tochter in der Obhut des Angeklagten gelassen habe. Dies sei auch der Anlass für einen Streit gewesen, der indes mit einem „Versöhnungsbeischlaf“ geendet habe – so sei es auch am angeblichen Tattag gewesen, so der Verteidiger.

Das Gericht muss mehrfach nachfragen

Ganz anders schildert es die 24-Jährige. Es habe keine feste Beziehung und auch keinen Sex gegeben. Der Angeklagte sei bei ihr aufgetaucht, habe ihm eine Ohrfeige gegeben und gefragt, was das für Leute in ihrer Wohnung seien. Am Tattag, dem 11. Juni 2017, habe der 28-Jährige ihr Handy überprüfen wollen, sie geschlagen, ins Schlafzimmer gestoßen, den Mund zugehalten und sie auf dem Bett vergewaltigt.

Die Tatsache, dass die Aussage der 24-Jährigen von einem Dolmetscher übersetzt werden musste, führte zu Verständnisschwierigkeiten und Wiederholungen. Das Gericht musste mehrfach nachfragen um herauszuarbeiten, wo sich das Kleinkind zur angeblichen Tatzeit aufgehalten hatte, ob und wann es wegen des lauten Streits an die Schlafzimmertüre geklopft habe. „Ich habe den Eindruck, dass es an der Übersetzung hapert“, konstatierte Johannes Huismann.

Welche Rolle spielt ein Obstmesser?

Zur Tatzeit soll sich außer dem Iraner und der 24-Jährigen nur das Kind in der Wohnung in Asberg aufgehalten haben. Zeugen gibt es somit nicht; auf einen Hilferuf per Handynachricht alarmierte eine Freundin der 24-Jährigen die Polizei, die den 28-Jährigen noch in der Wohnung festnahm.

Auch ob und wie ein Obstmesser bei der Vergewaltigung eine Rolle spielte, das die Polizeibeamten bei der Festnahme in der Hosentasche des Angeklagten fanden, ließ sich am ersten Prozesstag nicht abschließend klären.

Die Hauptverhandlung wird am 10. und 15. Oktober fortgesetzt.