Moers. . Die SPD sucht vor 150 Gästen in Moers nach ihrem Markenkern – und wird fündig. Es gibt viele Ideen für die Zeit nach dem ungeliebten Hartz IV.
Auf der Suche nach ihrem Markenkern ist die SPD am Dienstagabend im Jugendheim St. Barbara in Meerbeck ein gutes Stück vorangekommen. In einer Diskussion vor 150 Gästen hat der Bundesvorsitzende der Jungsozialisten (Jusos), Kevin Kühnert, einen deutlich höheren Mindestlohn gefordert. Die Landtagsabgeordnete Britta Altenkamp setzte sich für eine Grundsicherung für Kinder ein. Deutlich wurde aber auch: Die Agenda 2010 und die Hartz IV-Gesetze finden an der Basis längst keine Zustimmung mehr.
Der SPD-Ortsverein hatte Kühnert und Altenkamp sowie den Landesgeschäftsführer des Paritätischen, Christian Woltering, eingeladen. Moderiert wurde die Diskussion von Anna Dieren aus dem Juso-Landesvorstand und Jan Dieren, Stellvertreter Kühnerts auf Bundesebene.
Es ging am Dienstagabend nicht um den rasanten Absturz in den Umfragewerten, es ging nicht um die Haltung der Sozialdemokratie zur AfD und es ging auch kaum um die schwächelnde Große Koalition in Berlin. Es ging um die soziale Sicherheit und die Abkehr vom dem, was vielen Genossen schon seit der Entstehung vor 15 Jahren schwer im Magen liegt: Hartz IV.
„Endlich wird Hartz IV als Fehler anerkannt“
Ein paar Beispiele: „Hartz IV geht von einem falschen Menschenbild aus, weil es bei den Betroffenen Angst und Druck auslöst“ (Woltering). „Die SPD hat bei vielen Wahlen erlebt, was sie mit Hartz IV angerichtet hat“ (Altenkamp). „Die Regelsätze sind inakzeptabel, eine Teilhabe an der Gesellschaft ist damit nicht möglich“ (Kühnert). So deutlich war die Kritik an dem, was ein SPD-Bundeskanzler namens Gerhard Schröder einmal als „Mut zur Veränderung“ deklariert hatte, dass ein Zuschauer am Dienstagabend freudig mitteilte: „Endlich wird Hartz IV als Fehler anerkannt.“
Doch wie können die sozialen Systeme in Zukunft ohne Hartz IV gesichert werden, was geschieht gar mit der Rente, die die Große Koalition ja nur bis 2025 geregelt hat?
Bedingungsloses Grundeinkommen? Nein eher nicht, da waren sich Kühnert, Altenkamp und Woltering ziemlich einig. Und da auch der wohlfeile Ansatz, immer länger zu arbeiten, auf dem Podium und im Saal wenig Anklang fand, gab es deutliche Hinweise, wie die Lösung aussehen könnte.
„Wir müssen über Steuerzuschüsse für Rente reden“
„Nur ordentliche Löhne bringen ordentliche Rentenbeiträge. Dazu müssen wir über Steuerzuschüsse für die Rente reden. Der Mindestlohn muss so bemessen sein, dass man auch in der Rente oberhalb der Grundsicherung rauskommt“ (Kühnert).
„Wir brauchen angesichts der großen Kinderarmut eine Grundsicherung für Kinder, die nicht von den Leistungen für Erwachsene abhängig ist“ (Altenkamp). „Keine Angst mehr haben müssen, das ist der Ausweg aus Hartz IV. Die AfD spielt perfekt mit solchen Ängsten“ (Woltering).