Moers. . Mindestens 65 Menschen aus Moers fielen während der Nazi-Herrschaft Krankenmorden zum Opfer, weil sie körperlich oder geistig behindert waren.
Lungenentzündung – dieses Wort lasen die Eltern des Moersers Wilhelm Küsters im Oktober 1943 in einem Telegramm, in dem ihnen der Tod ihres Sohnes mitgeteilt wurde. Tatsächlich war der behinderte junge Mann in der Heilanstalt Stadtroda in Thüringen ermordet worden – eines von 200 000 Opfern der Morde an Kranken und Behinderten während der Nazi-Herrschaft. Für Wilhelm Küsters und drei weitere „Euthanasie“-Opfer aus Moers werden jetzt dort, wo sie einst gewohnt haben, Stolpersteine verlegt.
Die Initiative dazu kommt von dem Verein „Erinnern für die Zukunft“, der auch für die im Laufe von sechs Jahren 79 verlegten Stolpersteine in Moers verantwortlich zeichnet. „Bis vor zwei Jahren wussten wir fast nichts über die Krankenmorde an Menschen aus unserer Region“, sagt der Vereinsvorsitzende Dr. Bernhard Schmidt. Mit seiner Frau Maren hat er im Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland recherchiert. Danach sind etwa 65 behinderte Moerser und rund 250 behinderte Menschen aus dem Altkreis Moers in den 40er Jahren in so genannten Heilanstalten gestorben – vergast, zu Tode gespritzt oder verhungern gelassen, in der Regel unter der Aufsicht furchtbarer Mediziner. Schmidt geht davon aus, dass die wahre Zahl der Toten höher liegt.
Gespräche mit Verwandten und ehemaligen Nachbarn
Die Einzelschicksale von Wilhelm Küsters, Peter Mill, Hubert Hanßen und Herbert ter Stein hat der Verein „Erinnern für die Zukunft“ – soweit möglich – auch durch Gespräche mit Verwandten und ehemaligen Nachbarn beleuchtet und dokumentiert. Zum Gedenken an sie verlegt der Kölner Künstler Günter Demnig am Dienstag Stolpersteine (siehe Info).
Stolpersteine für ermordete jüdische Familien
Am selben Tag wird Demnig auch Stolpersteine für zwei deportierte und ermordete jüdische Familien in Bürgersteige vor ihren früheren Moerser Wohnhäusern einarbeiten. Ihr Leben und Schicksal hat die Christlich-jüdische Gesellschaft erforscht.
Leopold und Anna Frohsinn und ihre Tochter Doris hatten im Haus an der Xantener Straße 19 gewohnt und wurden 1942 im Warschauer Ghetto ermordet. Gustav Kaufmann mit Herta und Heinz sowie Louis Kaufmann mit Henny und Günter lebten an der Xantener Straße 9, bevor sie 1941 nach Riga deportiert und dort getötet wurden.
>>INFO
Stolpersteine werden nicht verlegt, damit die Menschen beim Gehen hängen bleiben, sondern gedanklich. Der Verein „Erinnern für die Zukunft“ und die Gesellschaft für christlich-jüdischen Zusammenarbeit lassen 13 Stolpersteine verlegen.
Die Termine am Dienstag, 29. Mai 2018: 11 Uhr für Wilhelm Küsters, Filder Straße 6; 11.30 Uhr für Peter Mill, Wiedstraße 14; 11.50 Uhr für Hubert Hanßen, Filder Straße 34; 12.15 Uhr für Hubert ter Stein, Blumenstraße; 12.45 Uhr für Leopold, Anna und Doris Frohsinn, Xantener Straße 18; 13.10 Uhr für Louis, Henny, Günter, Gustav, Herta und Heinz Kaufmann, Xantener Straße 9.