Moers/Niederrhein. . Das Finanzamt zieht aller Voraussicht nach in eins der früheren BenQ-Gebäude in Kamp-Linfort. Die Stadt Moers ist sauer. Aus mehrfacher Hinsicht.
Die Grafenstadt verliert wohl einen bedeutenden Arbeitgeber: Das Finanzamt an der Unterwallstraße zieht aller Voraussicht nach in eines der früheren BenQ-Gebäude in Kamp-Lintfort. Die Stadt Moers ist offenbar vor vollendete Tatsachen gestellt worden und entsprechend sauer: „Das ist kein guter Umgang“, schimpft Rathaussprecher Klaus Janczyk.
Die NRZ erreichte den Eigentümer der früheren BenQ-Immobilien, Walter Hellmich, im Urlaub. Die Entscheidung sei nicht endgültig, sagte der Bauunternehmer und Ex-Präsident des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg. Gleichzeitig betonte er, dass seine Gebäude „top und modern“ seien und sich für das Finanzamt „anbieten“. Und: Wichtig sei, dass die Jobs in der Region bleiben.
Es geht um 300 Arbeitsplätze
Tatsächlich geht es um rund 300 Arbeitsplätze beim Finanzamt, die der Stadt Moers mit dem Wegzug verloren gehen, und zwar spätestens in einem Jahr, denn der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes (BLB) hat als Eigentümer der Immobilie an der Unterwallstraße der Behörde den Mietvertrag zum 31. Dezember 2018 gekündigt. „Das Haus ist 40 Jahre alt. Der Brandschutz mangelhaft und die Fassade nicht standsicher“, sagt BLB-Niederlassungsleiter Armin Lövenich. Das Gebäude zu sanieren, sei unbezahlbar, so Lövenich. Seine Konsequenz: „Das Haus muss beseitigt werden.“
Die Stadt Moers ist in mehrfacher Hinsicht verärgert. Erstens, weil sie erst kurz vor Weihnachten – und da auch zunächst nur gerüchteweise – vom bevorstehenden Wegzug erfahren hat.
Und zweitens, weil der BLB den Sachstand so schildert, als gebe es bei der Entscheidung noch Spielraum. Dagegen, kontert Stadtsprecher Klaus Janczyk, habe es die Leitung des Finanzamtes gegenüber dem Technischen Beigeordneten der Stadt Thorsten Kamp so dargestellt, als stehe der Mietvertrag mit Walter Hellmich kurz vor der Unterschrift.
Es gibt eine Zweckbindung
Zudem wurmt es die Stadt, dass sie erst gar keine Chance erhalten habe, bei der Suche nach einer anderen geeigneten Immobilie oder einem Baugrundstück in Moers zu helfen. Dieses Verhalten insbesondere des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) sei „völlig unverständlich“.
In einer Pressemitteilung vom Mittwoch erklärt das Finanzamt, es benötige ein Haus für alle Mitarbeiter, um die Funktionalität der Behörde zu sichern. „Tatsächlich ist ein entsprechendes Gebäude gefunden worden“, heißt es weiter, ohne die Hellmich-Immobilien in Kamp-Lintfort zu nennen. Zudem betont das Finanzamt, das gut 90 000 Steuerpflichtige im linksrheinischen Teil des Kreises Wesel betreut, es werde ein Bürgerbüro in Moers behalten. Die Behörde hat schon vor mehreren Jahren die dritte und vierte Etage im ehemaligen Möbelhaus Kleier an der Repelener Straße gemietet. Dort gebe es einen langfristigen Vertrag, bestätigte Hauseigentümer Ulrich Kleier auf Anfrage.
Was aus dem Grundstück an der Unterwallstraße nach dem Wegzug der Behörde wird, ist ungewiss. BLB-Niederlassungsleiter Armin Lövenich geht davon aus, dass er die Fläche später an einen Investor verkaufen wird.
Spätestens dann kommt freilich die Stadt Moers ins Spiel. Im Bebauungsplan, erklärt Sprecher Klaus Janczyk, besitze das Areal eine „Zweckbindung für ein Finanzamt“. Da eine zweite Behörde dieser Art dort nicht entstehen werde, müsse der Rat die Zweckbindung entfernen und den Bebauungsplan entsprechend ändern.