Kamp-Lintfort. . Ob aus der Türkei, Indien oder Italien – Mitarbeiter der Hochschule Kamp-Lintfort entdecken Weihnachten, mehr oder weniger fern der Heimat, neu

„I love Weihnachtsmarkt: Glühwein and Bananenschokolade!“ Dieses Bekenntnis stammt von Dr. Digden Sezen, Gastwissenschaftlerin an der Hochschule Rhein-Waal. Mit ihrem Mann, Dr. Tonguc Ibrahim Sezen, wissenschaftlicher Mitarbeiter auf dem Kamp-Lintforter Campus, hat sie sich gern an hiesige Weihnachtsbräuche gewöhnt, die so ganz anders sind als die im heimischen Istanbul. Wie dem Ehepaar Sezen geht es vielen Mitarbeitern der Hochschule, die sich offenbar in Kamp-Lintfort richtig wohl fühlen.

Das Ehepaar Sezen lebt mit seinem Kind nur einen Katzensprung entfernt vom Arbeitsplatz, und beide sind begeisterte Weihnachtsmarktgänger: Kinderkarussells und das Riesenrad in Duisburg machen Spaß, auf dem Weihnachtsmarkt in Kamp-Lintfort haben sie gesungen. Sie lieben es, Weihnachtspostkarten an ihre Freunde zu schreiben, und dass es in Deutschland richtige Bäume zum Fest gibt und nicht nur solche aus Plastik, findet das Ehepaar Sezen einfach toll. Von den Adventskalendern und deren Inhalt ganz zu schweigen...

Sause mit Bier am Strand

Hemag Vithlani stammt aus dem Westen Indiens („the Land of Gahndi“, wie er sagt) und arbeitet seit einem Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter auf dem Kamp-Lintforter Campus. Auch er ist ein bekennender Weihnachtsmarkt-Fan: Im letzten Jahr besuchte er die Märkte in Köln und Bonn, in diesem Jahr sind Münster und Koblenz dran. Was die weihnachtlichen Trinksitten der Deutschen – also den Glühwein – angeht, so war er zunächst skeptisch, aber heute sagt er: „Now I am really enjoying this.“ Na dann prost!

Erst seit kurzem arbeitet Bethany Melville an der Friedrich-Heinrich-Allee. Sie stammt aus Australien, genauer gesagt aus Tasmanien, und kennt das Weihnachtsfest eher als eine mehrwöchige ausgelassene Sause mit Bier am Strand und Cricket, denn in Australien ist es Sommer. Ob es sie stört, dass es hier doch eher ruhig zugeht? Nein, sagt sie, kein Problem, sie sei in einer sehr kleinen Stadt aufgewachsen, da sei es nachts genauso ruhig wie in Kamp-Linfort. Aber eines hätte sie wirklich überrascht: Dass man in Deutschland mitten am Tag und in der Öffentlichkeit Alkohol trinke. Mit einem Bier in der Hand über die Straße zu gehen, das sei dort unmöglich, mal abgesehen davon, dass dort der 6er-Pack Bier 14 Euro kostet. „I guess, here it’s cheeper“, wirft da Daniele Ingrassia, wissenschaftlicher Mitarbeiter im FabLab, grinsend ein.

Bürgersteige ab 22 Uhr hochgeklappt

Nun hat er gut reden, denn er stammt aus dem nahen Italien, und da kennt er sich mit deutschem Bier sicher besser aus. Dass man in Kamp-Lintfort um 22 Uhr die Bürgersteige hochklappt, nun, das findet er etwas befremdlich, aber was soll’s, über Weihnachten fliegt er in die Gegend von Bologna, wohin seine Familie aus ganz Italien anreist und eine große Weihnachtsparty feiert. Aber bis man an einen Flughafen kommt, das dauert – er wünscht sich dringend einen Bahnhof in Campusnähe.

Feiern wird Marcel Dogotari aus Moldawien, seines Zeichens wissenschaftlicher Mitarbeiter, auch, aber dafür muss er nicht nach Bologna, sondern nur ins nahe Moers, wo er mit seiner Freundin Weihnachten feiert und die Nachbarn so freundlich sind. Über Kamp-Lintfort sagt er: „Das Leben hier ist nicht superspannend, aber ich finde es nicht schlecht. Es ist gemütlich, gut zum studieren.“ Und wenn’s mal zu gemütlich wird? „Man kommt schnell nach Duisburg.“

Wünsche? Studentenkneipe!

Ein bisschen weiter als bis nach Moers oder Duisburg ist der Weg für Moritz Prüm schon, denn wenn er über Weihnachten bei seiner Familie sein will, muss er in den Harz. Aufgewachsen ist er jedoch auf Zypern, wo sich seine Mutter immer alles recht weihnachtlich herrichtete. Aber Sohn Moritz ist sich noch nicht sicher, ob er Weihnachten wirklich mag.

„Ich bin ein Grinch geworden über die Jahre“, sagt er ernst. Der Grinch? Moment mal, war das nicht das grüne Wesen, das in seiner Kindheit schlechte Erfahrungen mit Weihnachten gemacht hat? Aber keine Bange, der Mann aus Zypern ist auf einem guten Weg: „Der Moerser Weihnachtsmarkt ist angenehm – nicht immer so voll.“

So. Nun steht Weihnachten vor der Tür. Gibt es etwas, was der Campus in Kamp-Lintfort außer dem Bahnanschluss noch nicht hat, aber vielleicht auf den Wunschzettel setzen könnte? Es hat sich herausgestellt, dass Kontakte zu den Kamp-Lintfortern eher spärlich gesät sind. Vielleicht würde so eine richtige Studentenkneipe – am besten mit großem Biergarten – der Sache dienlich sein. Der Verkaufsschlager in der Adventszeit steht jetzt schon fest: Glühwein. Den mögen nämlich alle, gleichgültig, aus welcher Ecke der Welt es sie nach Kamp-Lintfort verschlagen hat.