Moers. . Romana Echensperger, Master of Wine, hat exklusiv für die NRZ Weine verkostet. Unter den getesteten Rebensäften: der Moers Wein. Wie der ankam?
Mit dem Herbst ist die Zeit des Rotweins angebrochen. Wenn es draußen weht und schüttet, ist es schön, abends auf der Couch gemütlich bei einem Gläschen Rebensaft in einem guten Buch zu schmökern. Oder ein leckeres Abendessen zu kochen und Freunde einzuladen. Dazu ein wohlschmeckendes Tröpfchen. „Wein bedeutet Genuss, Sinnlichkeit, Kultur“, so formuliert es Iris Berben im Vorwort von Romana Echenspergers Buch „Von wegen leicht und lieblich. Das ultimative Weinbuch nur für Frauen“.
Romana Echensperger ist Master of Wine. Eine von acht derartigen Experten in ganz Deutschland, fünf männliche, drei weibliche gibt es. Eine Frau also, die wissen muss, wie es um den Wein bestellt ist. Genau das möchten wir auch wissen. Die NRZ Moers hat nachgefragt und eine exklusive Weinverkostung mit Romana Echensperger bekommen.
Alle Weine sind für den Geldbeutel verträglich
Getestet werden – in der genannten Reihenfolge – folgende Weine, die alle für den Geldbeutel verträglich sind: Rioja Reserva von Aldi, Preis: 5,49 Euro, der Moers Wein, ein Spätburgunder aus Baden, für 11,95 Euro; ein Gran Marius Reserva zum Preis von 6,95 Euro (Jacques’ Wein-Depot); ein Chianti von Rewe zum Preis von 5,99 Euro; und ein Chateau Pech-Celeyran für 5,75 Euro (Jacques’ Wein-Depot).
Während die Expertin abseits wartet, werden die Gläser für die Blindverkostung zunächst mit Nummern versehen, die Flaschen mit Pappe ummantelt und ebenso mit der Nummer beschriftet, die später dem Inhalt im Glas zugeordnet wird. Und los geht’s. Romana Echensperger hebt das erste Glas, schwenkt es ein wenig und hält es ganz nah an die Nase. „Sauber gemacht“, sagt sie. „Der hat keinen Fehler“, was so viel bedeutet, dass es keinen Essigstich oder zu viel Säure gibt. Die Nase sei sehr würzig. Zarte, rote Früchte.
Die Expertin nimmt einen Schluck und verteilt den Wein im Mund. „Ziemlich zurückhaltendes Bukett.“ Aha. „Fast kein Tanningerüst. Kurzer Nachhall.“ Oh. „Ja, er bleibt nicht lange am Gaumen hängen.“ Echensperger spuckt den Schluck aus. Das machen die Experten so. Ansonsten wären sie ja durchgehend betrunken. „Ich würde den abends zum Wurstbrot nehmen“, sagt sie. Und: „Ich würde den leicht gekühlt servieren.“
Gesamturteil: Der Wein hat nicht genug Frucht, um die Säure zu tragen, ist aber sauber und ordentlich gemacht. Weiter geht’s.
Was die Expertin nicht wissen kann: Hinter der Nummer zwei verbirgt sich der Moers Wein. Wieder das gleiche Spiel. „Helle Farbe“, sagt die Expertin. „In der Nase ein eindimensionales Aroma.“ Sie nimmt einen Schluck. Was verrät die Mimik?
Der Spanier hat ein schönes Rubinrot, sagt die Fachfrau
Nicht viel. „Der ist nach hinten raus brantig.“ Das klingt nicht gut. Ist es auch nicht. Man habe keine Frucht am Gaumen. Der sei sehr schnell weg, sagt Echensperger. Und dann müssen Verfechter dieses Getränkes sehr tapfer sein: „Den würde ich nicht empfehlen.“ Klare Ansage. Der schmecke nach gar nichts.
Uff, also schnell weiter zur Nummer drei, dem Spanier. Der unterscheidet sich schon durch seine deutlich dunklere Farbe, ein „schönes Rubinrot“, wie die Fachfrau sagt. „Die Nase ist sehr ansprechend.“ Süße Gewürze wie Vanille, Nelke. Was das heißt, muss uns die Weinkennerin nochmal genau erklären.
Erst einmal wird weiter verkostet. „Ein komplexes, schönes, angenehmes Bukett“, urteilt sie. „Ein mundfüllendes samtiges Tanningerüst.“ Was gut klingt, ist auch positiv gemeint. Der käme wie auf Samtpfoten daher, sagt Echensperger, das sei ein schöner Winterwein. Zu Weihnachten könne der eine Ente begleiten oder auch sonst zu Fleischgerichten serviert werden. Aber auch solo, als Begleitung zur Lektüre, getrunken werden.
Es ist ein ähnliches Phänomen wie beim Winterreifen
Nummer vier. Romana Echensperger nimmt das Glas, schaut sich die Farbe an, schnuppert. „Die Nase ist eher dezenter“, lautet das erste Urteil. Eine saftige Kirsche, aber eher zurückhaltend. Die frische Säure sei besser in den Wein integriert als bei der Nummer eins. Der habe einen Gerbstoff-Grip.
Das klingt ein bisschen wie bei Winter-Reifen und bezeichnet auch ein ähnliches Phänomen. Nämlich, dass der Geschmack am Gaumen hängen bleibt, kurz gesagt. „Das gibt dem Wein eine angenehme Struktur“, erklärt die Expertin. Was dem Wein fehle, sei ein bisschen mehr Frucht.
Aber insgesamt fällt das Urteil nicht so schlecht aus. Passt gut zum Steak. „Mit Speckbohnen“, sagt Echensperger und grinst ein wenig. Gut, für Vegetarier keine Option. Aber da gibt es ja andere Möglichkeiten. Auch dieser süffige Tropfen landet nicht im Magen, sondern in einem kleinen Messingbehältnis, und schon geht es in den Endspurt dieser Blindverkostung.
Wein Nummer fünf. Hinter der Ummantelung verbirgt sich der Franzose, der weniger gut ankommt als vermutet.
Aber von vorn: schwenken, Nase rein, einen Schluck nehmen, schmatzen, Wein verteilen, raus. „Von der Nase her eine richtig reife Frucht, die eine Wärme ausstrahlt“, meint die Expertin. Eine reife Pflaume, die weich und matschig sei. „Sehr ansprechende Nase, bisschen Bitterschokolade und Kakao.“
Bis hierhin kann der Wein sich freuen. Aber dann kommt es knüppeldick: „Die Nase ist total toll und dann kommt da nichts.“ Die Meisterin des Weins sieht fast ein bisschen enttäuscht aus und dann fallen wieder Worte wie strohig und brantig. Nein, also überzeugt klingt anders.
Wichtig ist, dass der Wein schmeckt
Wir lösen auf. Und zugegeben: Als Romana Echensperger den Moers Wein von der Ummantelung befreit und sieht, welchem Erzeugnis sie das – höflich formuliert – optimierbare Gesamturteil ausgesprochen hat, muss sie schon ein wenig schmunzeln. „Ach, Du liebe Güte, wie soll man den Moersern das nur beibringen?“, fragt sie.
Nun, so wie es ist. Bei Experten fällt der Wein durch. Aber wem er schmeckt, dem schmeckt er. Denn auch das ist eine Erkenntnis: Die einen so, die anderen so. Für die Master of Wine, Romana Echensperger, gibt es einen klaren Favoriten aus der Runde, und das ist der Spanier. Wohl bekomm’s.