Moers. . Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein sucht nach den Fundamenten derSt. Bonifatius-Kirche. Sie war gewissermaßen die Urzelle der Stadt.

  • Der Moerser Museums- und Geschichtsverein will archäologische Ausgrabungen finanzieren
  • Die Suche gilt dabei der Urzelle der Stadt und führt zurück ins Jahr 900 nach Christus
  • Die Fundamente der St. Bonifatuis-Kirche sollen an der Rheinberger Straße ausgegraben werden

Wenn sich der Autoverkehr zu den täglichen Stoßzeiten langsam an der Einmündung der Mühlenstraße in die Rheinberger Straße vorbei quält, so sollten sich die Fahrer einen Blick in den kleinen Park und auf die dort stehende Kapelle gönnen. Denn sie befinden sich in diesem Moment auf wahrhaft historischem Boden: Auf diesem grünen Flecken erhob sich einst der mächtige Bau der Kirche St. Bonifatius, die man guten Gewissens als die Moerser Urzelle zu bezeichnen vermag. Geht es nach dem Grafschafter Museums- und Geschichtsverein (GMGV), werden dort bald Archäologen arbeiten, denn der GMGV ist auf der Suche nach den Fundamenten.

Gelang es dem stellvertretenden GMGV-Vorsitzenden Dr. Wilfried Scholten, durch ein geradezu detektivisches Quellenstudium den vergessenen Standort des einstigen Moerser Kaisersaales zu entdecken und ihn in seinem Buch „Auf Spurensuche in Moers“ den Moersern zu präsentieren, so will der Vereinsvorstand mit seinem neuen Projekt weit über die Kaiserzeit hinaus nach den Spuren der Stadtgeschichte forschen. Es geht zurück ins Jahr 900 nach Christus.

Gehöft mit mächtiger Kirche

Die NRZ sprach mit dem GMGV-Vorsitzenden Peter Boschheidgen über die Ausgrabungspläne und deren Bedeutung für die Stadtgeschichte.

Peter Boschheidgen.
Peter Boschheidgen. © Volker Herold

„An der heutigen Rheinberger Straße lag die früheste moersische Ansiedlung“, erläutert Boschheidgen. Um das Jahr 900 stand dort – vermutlich zwischen der heutigen Mühlenstraße und dem Nordring – ein Bauerngehöft. „Dazu gehörte die St. Bonifatius-Kirche“, so Boschheidgen, „laut der Quellen ,ein mächtiger Bau’.“

Das Gehöft samt Kirche bilde gewissermaßen die Keimzelle von Moers, werde urkundlich bereits 300 Jahre früher erwähnt als das Schloss, das heutige Wahrzeichen der Stadt. „Das Schloss“, so der GMGV-Vorsitzende, „entstand erst um 1200 – und plötzlich lag die St. Bonifatius-Kirche im Außenbereich der Stadt.“ Was ihr nicht gut bekam, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts sich die protestantischen Oranier daran machten, die katholischen Spanier aus der Stadt zu werfen.

Da war ein Haken an der Sache

„Bis 1597 hatten wir die Spanier hier“, beschreibt Peter Boschheidgen die historische Situation. Als Moritz von Oranien anno 1594 die Grafschaft Moers von der kinderlosen Gräfin Walburgis quasi geschenkt bekam – sie hatte ihn zu ihrem Erben ernannt –, hatte die Sache einen ziemlichen Haken: Die Grafschaft war besetzt, und zwar von den Spaniern. Die wollten Moritz aus Moers hinauswerfen.

Steine für das Karmeliter-Kloster

Moritz von Oranien belagerte die Stadt, und „im Rahmen dieser Kämpfe wurde die Bonifatiuskirche vollkommen zerstört“, erklärt Peter Boschheidgen. Und damit nicht genug: Weil der Niederrheiner an sich ja nichts verkommen lässt, sei die Bonifatiuskirche 1608 bis auf ihre Fundamente abgetragen und die Steine für die Kirche des Karmeliter-Klosters verwendet worden. Diese Kirche steht noch heute: Die evangelische Stadtkirche war einst die Klosterkirche dieses Ordens – noch heute bildet die Klosterstraße die Verbindung zwischen der Stein- und Haagstraße.

Aber zurück zur Bonifatiuskirche: „Der GMGV versucht seit langem, sie in ihren Grundrissen sichtbar zu machen“, führt Boschheidgen aus. Dazu müsse eine archäologische Grabung durchgeführt werden, welche von der Oberen Denkmalbehörde befürwortet werde. Erste Untersuchungen hat es bereits gegeben.

Messungen mit dem Georadar

Allerdings wurde dabei nicht in den historischen Boden eingegriffen: Die Fläche des Parks an der Rheinberger Straße wurde mit dem Georadar vermessen, das Ergebnis zeigt die ungefähre Lage der Kirche und ihres Turmes (siehe Grafik auf Seite 1). Doch eine exakte Lagebestimmung ist nicht das alleinige Ziel.

Dazu Boschheidgen: „Es ist überliefert, dass sich zwei Grabgelege innerhalb der Kirche befunden haben.“ Zum einen sollen die Moerser Drosten, Verwalter der Grafschaft, die Familie Pelden genannt Cloudt, dort begraben sein (die heutige Cloudtstraße liegt nur ein paar Meter entfernt), zum anderen wäre es möglich, dass sich auch das Grab eines Grafen von Moers, des Hermann von Neuenahr, findet. Dies sei aber höchst strittig, so der GMGV-Vorsitzende, denn Graf Dietrich sei im Kölner Dom an vornehmster Stelle beigesetzt worden, und wieso solle sich Hermann außerhalb der Stadt habe beisetzen lassen? Aber man wird sehen. Der GMGV-Vorstand will einen Grabungsantrag stellen.