Kamp-Lintfort. . Die seltenen Tiere fühlen sich hoch oben auf dem Schornstein in Kamp-Lintfort offensichtlich wohl. Dort brüten sie in einem besonderen Korb.
- Hoch oben auf dem Schornstein der Müllverbrennungsanlage brüten Wanderfalken
- Eine Webcam zeichnet die Entwicklungen auf
- Wanderfalken sind eigentlich Felsenbrüter und auf allen Kontinenten zuhause
Dort, wo tagtäglich rund um die Uhr mit schweren Lkw tonnenweise Müll angefahren wird, wo hinter hohen Sperrzäunen Abfall sortiert, recycelt und verbrannt wird, fühlen sich offensichtlich seltene Tiere wie zuhause: Hoch oben am 200 Meter hohen Schornstein der Verbrennungsanlage Asdonkshof nisten seit Jahren edle Wanderfalken. Die Greife fühlen sich auf dem eingezäunten Industriegelände offensichtlich pudelwohl; sorgen sie doch alljährlich für ein ganzes Nest voll Nachwuchs.
Da es bis ganz hinauf zu den Falken so gut wie keine Aufstiegsmöglichkeit gibt, installierte man jetzt mit vielen Tricks eine Webcam, die die Naturschützer des Nabu und Mitarbeiter der Anlage beim Brutgeschäft auf dem Laufenden hält.
So freut sich auch Gerd Quinders, Abteilungsleiter auf der Entsorgungsanlage und Pate der Falken, dass es nun endlich Bilder von den Tieren gibt. Gerade habe die Kamera Fotos der Alttiere geschossen, die am Nest wohl nach dem Rechten schauen wollten.
Es ist die Idee des Naturschutzbundes gewesen
Die Idee zu einer Nisthilfe habe der Naturschutzbund (Nabu) schon vor vielen Jahren gehabt. Gut gemeint bedeutet aber nicht immer gut gemacht: „Die Naturschützer brachten anfangs eine Art Kasten am Schornstein an, aber der wurde nicht angenommen“, berichtet Cornelia Bothen vom Abfallentsorgungszentrum.
Erst als Jahre später jemand auf die Idee kam, einen alten Dackelkorb auf der Windschattenseite des Schornsteins anzubringen, klappte es. Dackel hin oder her – das Gerät aus Weidengeflecht kam nämlich einem Falkenpaar gerade recht. So wurde der erste AEZ-Vogelnachwuchs groß.
Das war 2003. Seither fand Gerd Quinders schon mehrfach Jungfalken am Boden und setzte sie in Schuhkartons hoch oben auf eins der Dächer, wo sie von den Altvögeln weitergefüttert wurden.
Die Freude ist nicht ungetrübt
Ganz ungetrübt ist die Falkenfreude aber nicht: „Wir müssen seit ein, zwei Jahren feststellen, dass man Wanderfalken, Habichte und Sperber massiv verfolgt“, berichtet Michael Kladny von der Nabu-Artenschutzgruppe NRW. Besonders Tauben- und Geflügelzüchter seien schlecht auf die Beutegreifer zu sprechen.
Durchaus gebräuchlich sei es da, beispielsweise vergiftete Tauben auszulegen. „Wir bitten alle Bürger, wenn sie spazieren gehen, auf so etwas zu achten und uns dies sofort zu melden“, appelliert Kladny an die Wachsamkeit der Ausflügler.
Wanderfalken sind 40 bis 50 Zentimeter groß und leben hauptsächlich von anderen Vogelarten wie beispielsweise Tauben, die sie im vollen Flug oder im Sturzflug schlagen. Dazu gehören große Flugkunst und hohe Geschwindigkeit.
Im Sturzflug sind sie bis zu 300km/h schnell
Mit ihrer speziellen Jagdtechnik im Flug sind die Wanderfalken einzigartig in der Vogelwelt. Im Sturzflug sollen sie bis zu 300 km/h erreichen, wie Experten berichten. Damit sind Falken die schnellsten gefiederten Jäger.
Wanderfalken sind eigentlich Felsenbrüter und auf allen Kontinenten zuhause. Die Tiere waren jedoch in den 40-er bis 60-er Jahren vom Aussterben bedroht. Als Grund stellten sich in Untersuchungen zu dünne Eierschalen heraus, was wiederum mit dem Spritzen von DDT auf die Felder zu tun hatte. DDT ist heute in der Landwirtschaft verboten.
In den USA brütet ein Paar in 260 Metern Höhe
Doch die edlen Greife sind immer noch recht selten. Immerhin brüten aber in Deutschland wieder rund 1000 Paare. Die meisten lieben – wie unser Lintforter Paar – die extreme Höhe: In den USA wurde ein Brutpaar am 260 Meter hohen Met Life Building in New York gesichtet; auch am ähnlich hohen Commerzbank-Tower in Frankfurt sorgen Wanderfalken für Nachwuchs.