Kamp-Lintfort. . Mit 52 Jahren krempelte Jörg Winke sein Leben um. In seinem Zechenhaus-Atelier bringt der Künstler jetzt unter anderem Fußballmomente in Form.
- Jörg Winke krempelte mit 52 Jahren sein Leben um und studierte Bildhauerei
- Derzeit hat er sein Atelier in einem Zechenhaus in der Altsiedlung
- Für die VHS gibt er Bildhauer-Kurse - auch im kommenden Semester
Für den Kamp-Lintforter Bildhauer Jörg Winke zählt der Moment. Das kleine Atelier in seinem alten Zechenhaus in der Kolonie ist voll von jenen in Form gebrachten Sekunden, die den 57-Jährigen vor allem im Sport faszinieren. Als der ehemalige Bergmechaniker sich mit 52 Jahren entschied, sein Leben komplett umzukrempeln, und sich zum Diplom-Bildhauer weiterzubilden, war ihm trotz des erst einmal abrupten Seitenwechsels schnell bewusst, dass er eine seiner Leidenschaften aus der Vergangenheit in die neue künstlerische Zukunft mitnehmen würde: den Fußball.
Seine Diplom-Arbeit, mit der er die Kunstschule IBKK in Bochum im vergangenen Jahr abschloss, steht als lebensgroße Plastik im ehemaligen Wintergarten des Hauses an der Georgstraße, den Winke zum Atelier umgebaut hat. „Der Posierende“ zeigt einen deutschen Fußballer der ersten Stunde, aus jener Zeit Ende des 19. Jahrhunderts, als der Gymnasiallehrer Konrad Koch damit begann, Fußball breitensporttauglich zu machen. Das Thema Fußball berührt Winke nicht von ungefähr: 1959 in Duisburg-Hamborn geboren, wo der Vater auf Schacht 2/5 einfuhr, begann er schon als vierjähriger Knirps selbst zu kicken, spielte in den 70er Jahren für die Jugend des MSV Duisburg, für den sein Fanherz heute noch schlägt.
Faszination Fußball
„Der gefallene Held“ heißt eine andere Figur, die den Moment einfängt, als Arjen Robben im Champions League-Endspiel der Bayern gegen den FC Chelsea den entscheidenden Elfmeter verschießt. „Viele solcher ähnlichen Situationen habe ich selbst als Spieler erlebt“, sagt Winke. Dynamik und Leidenschaft, Bewegung und das Gefühl der „Faszination Fußball“ will er mit seinen Arbeiten einfangen. Dabei arbeitet Winke gänzlich ohne Foto- oder Skizzenmaterial. Er beginnt seine Arbeit direkt am dreidimensionalen Objekt. Am Anfang stehen dabei oft Maquetten, die Winke als kleine Detailstudien nutzt. Seine bevorzugten Materialien: Ton, Metall und Gips.
Zur Bildhauerei kam er eher zufällig. Während eines Reha-Aufenthalts nach einem Burnout arbeitete Winke unter anderem kunsttherapeutisch. Seine Therapeuten entdeckten sein Talent – und Winke in späten Jahren seine künstlerische Leidenschaft. Der Bergmechaniker, der lange Jahre auf Rossenray arbeitete, beschloss, mit 52 Jahren noch einmal von vorne anzufangen und studierte Bildhauerei. Noch kann er von seiner Kunst allein nicht leben – er arbeitet derzeit unter anderem als Dozent für Bildhauerei an der Volkshochschule Moers-Kamp-Lintfort, wo er auch im kommenden Semester wieder einen Kurs anbieten wird.
Auf Ateliersuche
In seiner Bildhauerarbeit gehe er auf, sagt Winke. Und immerhin: manches Handwerkliche, das er in seinem Beruf im Bergbau gelernt habe, helfe ihm jetzt weiter. Sein Atelier in der Altsiedlung platzt bald aus allen Nähten. „Ich bräuchte für meine Arbeit eigentlich einen größeren Raum“, sagt Winke. Einen Ort für sein Traum-Atelier hat er schon im Blick – und das läge gar nicht mal weit entfernt. „Auf Friedrich-Heinrich“, sagt Winke und lacht.