Moers. . Der Verein Erinnern für die Zukunft wendet sich Euthanasie-Opfern zu. Mit nicht einmal drei Jahren wurde Karin Alt im Kalmenhof ermordet.

  • Der Verein Erinnern für die Zukunft arbeitet die nationalsozialistische Vergangenheit auf
  • Eine Gruppe von drei Fachleuten wendet sich jetzt Euthanasie-Opfern zu
  • Karin Alt, Jahrgang 1941, wurde nicht einmal drei Jahre alt

In gut vier Wochen, am 25. November, wäre Karin Alt 75 Jahre alt geworden. Doch Karin Alt wurde nicht einmal drei Jahre, ermordet am 25. August 1945 durch Handlanger der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in der Tötungsanstalt Kalmenhof in Idstein (Hessen).

Für Karin Alt wird am kommenden Samstag, 29. Oktober, 15 Uhr, vor ihrem Geburtshaus an der Homberger Straße 99 ein Stolperstein verlegt. Sie ist das erste Euthanasie-Opfer im Altkreis Moers, für das es einen Stolperstein gibt. In Moers kümmern sich die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der Verein Erinnern für die Zukunft um die bundesweite Aktion, bei der der Opfer der nationalsozialistischen Diktatur 1933 – 1945 gedacht wird.

Karin Alts Eltern waren Heinrich Alt und Charlotte, geborene Quast. Heinrich Alt arbeitete später, in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als Journalist in Moers. Ihre älteren Geschwister hießen Renate und Udo Bernd, der, ebenfalls 1944, an Diphtherie starb. Ihre jüngeren Geschwister sind Ute und Hans-Reiner.

„Die Gründe, warum Karin Alt zum Kalmenhof nach Idstein kam, sind nicht bekannt, weder über ihre Familie noch über Dokumente“, sagt Dr. Bernhard Schmidt, Vorsitzender des Vereins Erinnern für die Zukunft. Durch mündliche Überlieferung wissen die Nachfahren, warum Karin Alt in die Tötungsanstalt Kalmenhof kam: Es ging, so der Nazi-Jargon, um „Hirnschrumpfung“.

Das Geburtshaus von Karin Alt an der Homberger Straße 99: Hier wird kommenden Samstag, 29. Oktober, 15 Uhr der Stolperstein verlegt.
Das Geburtshaus von Karin Alt an der Homberger Straße 99: Hier wird kommenden Samstag, 29. Oktober, 15 Uhr der Stolperstein verlegt. © Volker Herold

Das menschenverachtende Euthanasie-Programm der Nationalsozialisten sah vor, dass „lebensunwertes Leben“ ausgelöscht wurde. Maren Schmidt, ebenfalls vom Verein Erinnern für die Zukunft: „Die Tötungsanstalten, in denen Kinder mit Beeinträchtigungen ermordet wurden, hießen Kinderfachabteilungen.“ Unter der so genannten Maßgabe der nationalsozialistischen „Rassenhygiene“ fanden in Kalmenhof Zwangssterilisationen und Tötungen statt. Es war ein Zwischenlager für das Euthanasie-Tötungslager Hadamar, ebenfalls in Hessen. Dr. Bernhard Schmidt: „Über die näheren Umstände des Todes von Karin Alt ist wenig bekannt. Es gibt den Eintrag auf der Melde-Karte. Ein Brief aus Kalmenhof, den es gegeben haben soll, ist nicht mehr auffindbar.“

Insgesamt, so haben Schmidt und seine Frau Maren recherchiert, hat es im Altkreis 110 Tötungen im Zusammenhang mit dem Euthanasie-Programm gegeben. Thomas Ohl, Ulrich Kemper und Krista Horbrügger werden ihre Geschichte aufarbeiten, eine Veröffentlichung ist geplant. Karin Alt, soviel steht jetzt schon fest, ist das einzige Opfer, das im Kalmenhof ermordet wurde.