Kamp-Lintfort. . Tobias Bausch (25) will zwei Jahre lang um die Welt radeln. Sein erstes Ziel: Krakau. Die Reiseleidenschaft hat er von seiner Oma.

Eine gute Woche noch, dann startet Tobias Bausch ins Abenteuer. Zwei Jahre lang will der 25jährige Kamp-Lintforter auf seinem Fahrrad die Welt erkunden. „Ich will noch offener werden, mit wacheren Augen durch die Welt gehen“, sagt Tobias über das, was ihn zum Abenteurer macht. „Ich bin gespannt darauf, welchen Menschen und welchen Kulturen ich begegnen werde.“

Kindheitstraum

In seiner Wohnung im Gestfeld herrscht derzeit Chaos. „Die Wohnung wird in der Zeit, wo ich nicht da bin, weitervermietet. Deshalb muss ich jetzt ausmisten“, sagt der 25-Jährige. Schon als Kind hatte er den Traum, durch die Welt zu reisen. Seine Oma hat diesen Traum mit geweckt: „Sie war eine richtige Weltenbummlerin und reiste immer in sogenannten Hotelbussen. In ihrem Schlafzimmer hing eine große Weltkarte, auf der sie mit Edding ihre Reiserouten eintrug. Sie konnte unglaublich spannende Geschichten von ihren Reisen erzählen.“

Nach seinem Fachabitur absolvierte Tobias eine Lehre als Industriekaufmann, wurde anschließend noch für ein Jahr in der Firma übernommen. „Da habe ich mir gedacht – wenn nicht jetzt auf Weltreise gehen, wann dann ...“ Dass Tobias ausgerechnet mit dem Fahrrad unterwegs sein will, hat eine profane Ursache: „Ich habe Flugangst.“ Dazu kommt die Erfahrung, als Luftreisender eine Menge zu verpassen: „Man guckt immer aus dem Flugzeug runter ohne letztlich zu wissen, wie es da unten wirklich aussieht.“

Erste Etappe: Krakau

Seine erste Etappe wird Tobias zum Weltjugendtag nach Krakau führen. Für den engagierten Katholiken, der in seiner Kirchengemeinde St. Josef Messdiener ist und im Pfarrgemeinderat sitzt, wird das nach Sidney, Madrid und Rio de Janeiro der vierte Weltjugendtag. „Krakau ist auch ein bisschen das erste Probeziel“, sagt Tobias. Dort wird er nämlich auf andere Kamp-Lintforter aus der Gemeinde treffen. „Eine gute Gelegenheit, um entweder nutzloses Gepäck loszuwerden oder sich Vergessenes mitbringen zu lassen.“

Und eine, um seine Fühler auszustrecken. Denn zum Weltjugendtag werden hunderttausende Besucher aus aller Welt erwartet. „Vielleicht kann ich ja da schon erste Kontakte knüpfen.“ Vier Wochen hat er für die 1600 Kilometer nach Krakau eingeplant. Von da aus startet dann Anfang August das wirkliche Abenteuer. Wenn alles nach Plan läuft, will Tobias von dort über Österreich und Italien mit der Fähre nach Kroatien. Dort soll es weiter gehen über den Kosovo und Mazedonien bis nach Griechenland.

Überwintern im Iran

Das, so hofft Tobias, sollte im Oktober der Fall sein. Wieder mit der Fähre geht es dann in die Türkei und von dort aus wahrscheinlich mit dem Bus nach Georgien und weiter in den Iran. „Dort möchte ich gerne überwintern.“ Der Iran ist eines der wenigen fest gesteckten Traumziele auf der langen Reise. „Ein Land, das so verrufen ist, und doch als eines der gastfreundlichsten der Welt gilt.“

Wie es dann nach dem Winter weitergehe, hänge von verschiedenen Faktoren ab, so Tobias. Möglich sei eine Route über Usbekistan, Kirgisien und Kasachstan bis China. Und dann entweder über die Mongolei bis nach Japan oder über Pakistan und Indien weiter nach Südostasien. Tobias will sich nicht stressen lassen von zu fest gesteckten Zielen. „Ich reise nicht, um nur Länder ,abzuhaken’.“ Wenn er mit dem Rad bis nach Australien komme, wäre das für ihn schon eine „große Sache“.

Schweres Gepäck

Unterwegs ist er mit einem stählernen Reiserad der Marke „Patria Terra 26“, auf das er sechs Gepäcktaschen verteilt. „Ein Systemgewicht von 70 bis 80 Kilo – da darf ich gar nicht drüber nachdenken“, gesteht Tobias, der den schweren Drahtesel bereits testgefahren hat: „Das war schon heftig.“

Zu verstauen gibt es zwar nur das Nötigste, aber selbst das wiegt für eine so lange Reise schwer: Zelt, Iso-Matte, Schlafsack, Kochzeug mit Camping-Kocher, Kleidung für eine Woche, etwas Werkzeug und der Laptop, den er über einen Nabendynamo mit einem kleinen Generator mit Strom versorgen kann. 70 Kilometer am Tag will er schaffen, mit zehn Euro pro Tag kalkuliert er seine Kosten ziemlich niedrig.

Auf seine Reise vorbereitet hat er sich nicht nur mit Impfungen und Reiseführer- und Kartenlektüre, sondern auch mit dem Lesen zahlreicher Blogs von Welt-Umradlern im Netz. Und daraus viele Tipps mitgenommen. Seine größte Angst? „Wilde streunende Hunden“, sagt Tobias. „Ich habe sowieso schon Respekt vor Hunden. Aber solche, die den Radfahrer als Beutetier sehen, gelten wirklich als ziemlich gefährlich. Die Menschen sind überall größtenteils freundlich, davon gehe ich aus.“

Ohne-Wörterbuch mit Bildern

Über mögliche Verständigungsprobleme macht sich Tobias keinen Kopf. Er spricht Deutsch und Englisch, an sein Schul-Französisch hat er nicht mehr so viele Erinnerungen. „Aber ich habe ein ,Ohne-Wörterbuch’ mit Zeigebildern.“

Familie (besonders die Oma) und Freunde freuen sich für Tobias, manche warnen ihn aber auch vor Gefahren. Die sieht Tobias höchstens in politischen Unwägbarkeiten mancher Länder. Riskieren will er nichts, auch deshalb steht seine Reiseroute noch nicht genau fest.

Am Sonntag, 26. Juni geht’s endlich los. „Ich habe mir überlegt, wie und wann ich losfahre. Irgendwie fand ich es komisch, so einfach von der Garage auf bekannten Wegen zu starten. Da kam mir die Idee, einfach nach dem Gemeindefest in St. Barbara loszufahren.“

Viele bewundern den 25-Jährigen für seinen Mut, manche beneiden ihn ein bisschen darum, dass er seinen Traum in die Tat umsetzt. Tobias sagt, er wolle sich auf seiner Reise anstecken lassen von anderen Ideen: „Vielleicht entdecke ich dabei auch für mich etwas, was mich weiterbringt.“