Kamp-Lintfort. . Jennifer und Rainer Klotz sprechen im Interview über die Arbeit ihres Vereins bei der Flüchtlingshilfe vor Ort.

Wenn der Verein „Integration.Flüchtlingshilfe. Kamp-Lintfort.“ im April seinen ersten Geburtstag feiert, blicken seine Gründer Jennifer und Rainer Klotz auf ein turbulentes Jahr zurück. Über erreichte Ziele, Wünsche für die nahe Zukunft und die aktuelle Situation in Kamp-Lintfort sprechen die beiden im Interview.

Vor einem halben Jahr haben Sie zur Situation der Flüchtlinge in Kamp-Lintfort sinngemäß gesagt, hier sei die Welt noch in Ordnung. Gilt das immer noch uneingeschränkt?

Jennifer Klotz: Nein, die Stimmung beginnt zu kippen. Am Wochenende haben wir zum ersten Mal in Kamp-Lintfort entsprechende Aufkleber entdeckt. Es kommen auch vermehrt böse Kommentare. Sicherlich hat es diese Leute immer gegeben, aber jetzt haben sie plötzlich eine Stimme.

In einigen Wochen wird auf dem ehemaligen Zechenparkplatz die neue Landesunterkunft mit Platz für bis zu 1000 Flüchtlingen in Betrieb gehen. Haben Sie Sorge, dass das weitere Unruhe bringt?

Rainer Klotz: Ja, ich bin überzeugt, dass da noch mehr kommen wird. Es gibt viele, die solche Einrichtungen nur zu gerne für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Was können ehrenamtliche Helfer dort leisten?

Rainer Klotz: Das ist schwierig. Angebote wie etwa Spielgruppen für Kinder fände ich gut. Aber man darf nicht vergessen – die Leute bleiben dort nicht lange. Die meisten sind nach langer Flucht erst einmal erschöpft und brauchen in erster Linie Ruhe. Sicher können wir aber mit darauf achten, dass die Versorgung funktioniert und unterstützend eingreifen, wo es geht.

Die Vorfälle in Köln haben der Flüchtlingsdebatte nicht gut getan. War das hier vor Ort auch Thema?

Jennifer Klotz: Ja, das hat viele Flüchtlinge hier getroffen. Ganz aktuell wollen jetzt vor allem die syrischen Flüchtlinge reagieren und haben uns um Hilfe bei der Organisation einer Demo gegen Gewalt gegen Frauen gebeten. Jetzt überlegen wir gerade, welche Aktionen wir in dieser Richtung auf die Beine stellen können. Ich finde diese Reaktion der Flüchtlinge hier vor Ort klasse.

Wie funktioniert derzeit die Zusammenarbeit mit der Stadt?

Rainer Klotz: Viel besser als zu Beginn. Da ist enorm viel Gesprächsbereitschaft, Angelika Buttgereit als Koordinatorin macht einen tollen Job. Aber man merkt auch, dass die Stadt an ihre Grenzen kommt, vor allem auch, was die Unterbringung der Flüchtlinge angeht.

Wie steht es um ihr Projekt, das Multimediale Lernzentrum für Flüchtlinge im Haus der Vereine?

Rainer Klotz: Wir kommen gut voran. Die Stadt braucht noch ein paar Wochen, um die Brandschutzmaßnahmen durchzuführen. Wir können zwar weiter umbauen, aber so lange eben noch nicht eröffnen.

Im April ist die Vereinsgründung ein Jahr her. Was haben sie gemeinsam auch mit den anderem Ehrenamtlern von „Welcome“ erreicht?

Rainer Klotz: Ich glaube, dass wir eine gute Basis geschaffen haben. Wir haben den Bedarf abgefragt, die städtische Kleiderkammer eröffnet, es laufen diverse Deutschkurse, wir machen Veranstaltungen, Sozialberatung, helfen bei der Wohnraumsuche. Die Welcome Gruppe organisiert Sach- und Möbelspenden. Von allen wird viel direkte persönliche Hilfe geleistet.

Was wollen Sie noch erreichen?

Jennifer Klotz: Für den Verein steht in diesem Jahr das Lernzentrum im Mittelpunkt. Das Zentrum soll auch ein kultureller Treffpunkt werden, wo sich Menschen begegnen können. Zweites großes Projekt ist eine Fahrradwerkstatt, für die wir aktuell Räume in Kamp-Lintfort suchen.

Was wünschen Sie sich für die nächsten Monate?

Rainer Klotz: Ich hoffe und wünsche mir, dass Köln nicht zu große Kreise zieht und die Menschen darüber objektiv nachdenken. Außerdem wünsche ich mir das gleiche ehrenamtliche Engagement in Kamp-Lintfort wie im letzten Jahr.

Jennifer Klotz: Und dass die Leute, die ein Grummeln im Magen haben, einfach bei uns vorbeischauen. Das neue Zentrum als Begegnungsstätte nutzen, um Ängste abzubauen.