Moers. . Inhaber Jürgen Dirksen geht in den Unruhestand. Einen Pächter konnte er nicht finden.

Das alte Blechschild trägt die Aufschrift „Wegen Überfüllung geschlossen“, und Jürgen Dirksen machte sich stets einen Spaß daraus, es vor sein Restaurant zu hängen, wenn wieder einmal alle Plätze besetzt waren. Doch die Zeiten, in denen es die „Trotzburg“ zierte, die sind bald vorbei, vielleicht für immer. Jürgen Dirksen und seine Lebensgefährtin Marion Sindelar hören auf, ziehen die Zugbrücke hoch, löschen das Feuer im Kamin. Am 31. Dezember tischen sie zum letzten Mal auf, was Küche und Keller zu bieten haben.

Beide sind vom Fach. Jürgen Dirksen, Inhaber in der vierten Generation, ist gelernter Koch, arbeitete in Schottland und in Genf, studierte Betriebswirtschaft an der Dortmunder Hotelfachschule und trat in den Betrieb seines Vaters ein. Dort lernte der heute 67-jährige auch seine Lebensgefährtin Marion Sindelar kennen, damals Auszubildende zur Köchin in der Trotzburg. Ein strenger Lehrherr und Chef war der Vater, erinnert sich der 67-Jährige: „Bei meinem Vater durfte ich nie nach vorne, ich musste in der Küche bleiben.“ Marion Sindelar sieht ihren alten Lehrherrn noch vor sich: „Mein Schwiegervater trug nur Anzug und Krawatte.“

43 Jahre in der Restaurantküche

Dass man sich mit den Gästen duzt, das hätte es bei ihrem Schwiegervater nie gegeben – für die 57-Jährige ist es heute der Normalfall, so familiär ist das Verhältnis zu den Stammgästen im Laufe der Jahrzehnte geworden. 43 Jahre sind es nun, die sie mit ihrem Lebensgefährten in der Trotzburg verbracht hat. Überrumpelt hatte er sie einst mit seinem ersten Kuss, aber ein Dirksen ist steigerungsfähig: „Mein größtes Projekt ist jetzt, dass ich ihr einen Antrag mache.“ Vielleicht ergibt sich ja eine Gelegenheit, wenn die beiden im nächsten Jahr über die Kanäle nach Berlin schippern – ein Projekt, das sie fest im Blick haben.

Die Zukunft des Restaurants hingegen ist ungewiss. Lange suchte Jürgen Dirksen nach einem Pächter, der die Tradition des Hauses fortführen sollte: deutsche Weine, gut-bürgerliche Küche, alles frisch zubereitet, niemals etwas aus der Kühltruhe, und „der Teller muss so voll sein, dass man satt wird.“ Die Zutaten für ihre Gerichte stammten vom Niederrhein, die Weine ausschließlich aus der Pfalz; mit diesem Konzept hatten sie Erfolg: „Die Umsätze sind in diesem Jahr enorm hoch“, gibt Jürgen Dirksen zu.

Aber die Gastronomie ist ein Knochenjob mit wenig Freizeit, und wenn die Gesundheit nicht mehr mitspiele, dann müsse man rechtzeitig aufhören, sagen beide. Verpachten will Jürgen Dirksen sein Restaurant nur an einen Nachfolger, der sein Verständnis von Gastronomie teilt, der die Qualität ebenso schätzt wie er, der den Stammgästen ebenso wie er ein Zuhause bietet. Bislang hat er einen solchen Nachfolger nicht gefunden.

Es wird ein emotionaler Abschied werden, für das Paar ebenso wie für seine Gäste. Jeder kennt hier jeden, für viele Gäste ist die Trotzburg das zweite Wohnzimmer. Mit welcher Liebe die beiden das Traditionshaus führten, sieht man ihrem Lächeln an – und dem Wehmut, mit dem sie vom Abschied sprechen, mit dem sie sich der vielen schönen Abende im Kreise ihrer Gäste erinnern. Ob am Silvesterabend mehr Wein fließen wird als Tränen – wer weiß?